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Grundlagen Kundenwert

Über kein Thema durften wir in unseren Weiterbildungen und Seminaren bisher mehr Abschlussarbeiten lesen, als über das Thema Kundenwert. Dabei sind wir immer wieder nach all den Jahren noch überrascht, dass dieses Instrument im Vertrieb so selten vorzufinden ist. Deshalb soll dieser Beitrag auf die Grundlagen Kundenwert eingehen. Grundsätzlich ist ein Kundenwertmodell ein elementarer Bausteine einer kundenorientierten Unternehmensführung und damit von Sales Excellence. Wie bereits mehrfach ausgeführt, waren in der Vergangenheit Umsatz und Marktanteile zentralen Kennzeichen der Unternehmenssteuerung. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Märkte stagnieren und mehr Vertriebskanäle zum Einsatz gelangen können, rückt der Gewinn eines Unternehmens stärker in den Fokus. Aber warum macht es nicht so viel Sinn einfach beim Umsatz und Marktanteil zu bleiben?

Kundenwert beschreibt den aktuellen Wert des zukünftigen Gewinn eines Kunden während seiner gesamten Beziehungsdauer mit einer Organisation. Die Summe aller einzelnen Kundenwerte einer Organisation ergibt den Kundenstammwert / Customer Equity

Es gilt zwei Unternehmenstypen zu unterscheiden. Unternehmen, die bspw. Schokolade verkaufen, können davon ausgehen, dass die meisten Kunden eine ähnliche Anzahl an Schokolade essen. Sicher gibt es Momente im Leben bspw. Trennungsschmerz, wo der Schokoladenkonsum deutlich steigen kann, aber die Unterschiede zwischen den Ausgaben der einzelnen Kunden ist relativ gering. Somit liegt eine hohe Korrelation zwischen Umsatz und Gewinn vor. Wobei durch den E-Commerce diese einfache Gleichung auch schon Risse erhält, weil die Logistikosten und Rabatte bei einem grösseren Anteil an Kunden zu einem negativen Beitrag führen kann, trotz vermeintlich hohem Umsatz. Hier birgt der Kundenwert auf dem individuellen Kunden weniger Steuerungspotential. Bei vielen Unternehmen ist diese Verteilung aber deutlich anders. Oftmals sorgen 20% der Kunden oder sogar weniger für 80% des Umsatzes (Pareto Prinzip). Darüber hinaus bekommen Kunden aus diesem 20%-Segment oft grosse Rabatte und werden intensiv vom Vertrieb betreut. So ist z.B. ein Key Account Manager mit 150.000 CHF und mehr pro Jahr anzusetzen. Im Ergebnis zeigen Studien, dass ungefähr ab den 2000er Jahren die Korrelation zwischen Kundenumsatz und Kundengewinn bei diesen Unternehmen aufbricht. Je besser das Verständnis über den Wertbeitrag der Kunden in einem Unternehmen ist, desto grösser das Potential den Gewinn zu steigern. Dies gehört zu den elementaren Grundlagen Kundenwert.

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Eine Steuerung mittels Kundenwert verfolgt zwei grundsätzliche Zielsetzungen: eine möglichst hohe Steigerung des Umsatzes und eine möglichst hohe Reduktion der Kosten. Nicht mit jedem Kunden ist beides möglich. Liegen die Umsatzdaten pro Kunden meist noch vor, ist die Kostenanalyse anscheinend eine grosse Herausforderung im Alltag. Für die Gewinnentwicklung wird auf Ebene Produkt in den meisten Unternehmen ein grosser Aufwand betrieben. Fixe Kosten und variable Kosten werden genau bestimmt und kontinuierlich optimiert. Sei es bei der Auswahl von Zulieferern, beim Kauf neuer Maschinen oder der Anpassung der Prozesse. Als Ausgangslage ist festzuhalten, dass die meisten Unternehmen umfassende Erfahrung und Kompetenzen besitzen, die, wie es so schön heisst, «Kosten im Griff zu haben». Ganz anders ist die Situation in Bezug auf die Kunden. Zwar können die meisten Unternehmen den Umsatz pro Kunden genau bestimmen aber die Kosten sind oft versteckt. Erster Impuls den wir zu diesem Thema von Vertriebsmitarbeitern hören ist, dass ist ja auch schwierig. Ok – ist das wirklich so? Ist es wirklich einfacher die genauen Produktionskosten für ein Gut zu ermitteln, als die Kosten für einen Kunden? Bei einer genaueren Betrachtung wird schnell ersichtlich, es ist sicher nicht schwieriger, sondern sogar eher einfacher den Wert eines Kunden zu bestimmen. Die Herausforderung ist also nicht im Schwierigkeitsgrad zu suchen, sondern in den vorhandenen Kompetenzen und Erfahrungen im Unternehmen. 

Bevor auf die einzelnen Methoden zur Kundenwertbestimmung eingegangen wird, soll unterschieden werden, zwischen einer reinen Vergangenheitsbetrachtung und einer Vergangenheits- und Zukunftsbetrachtung zur Kundenwertbestimmung. Soll das Kundenwertmodell auf eine reine Vergangenheitsbetrachtung ausgerichtet sein, kann folgende Systematik zur Wertbestimmung zum Einsatz gelangen. Diese Systematik wird allgemein als Kundendeckungsbeitrag bezeichnet. In einem ersten Schritt ist die Periode zu definieren, mit der die Kundenbewertung durchgeführt wird. Dabei ist zu beachten, dass der Zeitraum an den Einkaufszyklus der durchschnittlichen Kunden angepasst wird. Es gilt Einkaufszyklus plus eine Periode. Kaufen bspw. die Kunden durchschnittlich einmal im Jahr das Angebot, dann gilt es den Zeitraum auf zwei Jahre festzulegen. Die Festlegung des Betrachtungszeitraums auf das Geschäftsjahr mag vielleicht zu grossem Anklang in der Buchhaltung führen aber kann zu gefährlichen Ergebnissen führen. Die Berechnung erfolgt grundlegend mit folgender Systematik:
Umsatz des Kunden in Periode XY –

  • Rabatte
  • Anzahl an Kundenbesuchen * durchschnittliche Besuchskosten
  • Anzahl Anrufe * durchschnittliche Kosten Anrufe
  • Anzahl Emails * durchschnittliche Kosten Emails
  • Angebotserstellungskosten
  • Schulungen (wenn nicht verrechnet)
  • Betreuungsbesuche * durchschnittliche Besuchskosten
  • Betreuungsanrufe * durchschnittliche Kosten Anrufe
  • Betreuungsemails * durchschnittliche Kosten Emails
  • Kosten für Reklamationen besondere Interaktionen (Faxgerät)
  • Prozentualer Anteil Kosten für digitale Kanäle / Mitarbeiter / Webseite / Newsletter / Social Media / Messen / Events / Kommunikationsaktivitäten
  •  …

Eine Kundenwertberechnung sollte aber nicht nur nach der Vergangenheit erfolgen. Dies gehört ebenfalls zu den Grundlagen Kundenwert. Der Begriff Kundenwert bezieht sich auch auf die Zukunft und soll helfen, Entscheidungen für die zukünftigen Entwicklungen eines Unternehmens zu unterstützen. Dieser zukünftige Wert beinhaltet mehr als die Projektion des heutigen Kaufverhaltens eines Kunden. Der Kundenwert umfasst zwei Gruppen von Werttreibern: das Transaktionspotential, das sich aus Verkaufstransaktionen ergibt, und das Relationspotential, dessen Potential über Transaktionen mit dem Kunden hinaus aus der Tatsache entstammt, dass sich der Kunde dem Unternehmen verbunden fühlt. Das Transaktionspotenzial setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:

  1. Basisvolumen: der Kundendeckungsbeitrag, der von der Kaufhistorie abgeleitet und auch für die Zukunft erwartet wird.
  2. Intensivierungspotenzial: das Potenzial, das aus der Erweiterung des historischen Basisvolumens durch den Kauf der gleichen Produktart entsteht.
  3. Cross-Selling-Potenzial: das Potenzial, das aus dem Kauf eines weiteren Angebots einer anderen Produktekategorie entsteht (bspw. das Eröffnen eines Sparkontos nach dem Kauf eines Girokontos).
  4. Up-Selling-Potenzial: das Potenzial, das aus dem Verkauf von höherwertigen Produkten oder Produkte-Bündeln über die Zeit entsteht.
  5. Potenzial aus sinkender Preiselastizität: das Potenzial, das aus der Bereitschaft der Kunden entsteht, auf Preisvorteile zu verzichten.
  6. Kostensenkungspotential: das Potenzial, das aus über die Kundenbeziehung fallenden Kosten für Marketing und Verkauf sowie für die Befriedigung der Bedürfnisse der Kunden entsteht.

Das Relationspotenzial setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:

  1. Referenzpotenzial: das Potenzial, das aus Weiterempfehlungen von Kunden an ihr Umfeld entsteht.
  2. Informationspotenzial: das Potenzial, das aus Kundenfeedback entsteht.
  3. Kooperationspotenzial: das Potenzial, das aus der Bereitschaft der Kunden zur Kooperation mit dem Unternehmen entsteht.

Die Aufzählung zeigt, dass eine Vielzahl an Daten für die Erstellung eines Kundenwerts genutzt werden kann, soweit sie in der Organisation auf individuellem Niveau vorhanden sind. Zur Bestimmung eines Kundenwerts können zwei Ansätze unterschieden werden. Die Organisation „schätzt“ die zukünftigen Wertbeitrage manuell oder über eine Formel/Algorithmus in CHF ein oder es werden qualitative Gewichtungen vorgenommen. Bei beiden Vorgehensweisen wird eine Schätzung von dem jeweiligen Vertriebsmitarbeiter vorgenommen. Zur Ergänzung der Grundlagen Kundenwert wird eine Empfehlung für die zeitliche Integration der jeweiligen Dimension in ein Kundenwertmodell in der folgenden Tabelle dargestellt. Es wird ein dreistufiges Vorgehen emppfohlen, das sich hinsichtlich der konkreten Zeiträume an den Fähigkeiten des Unternehmens orientieren sollte. Es ist von mindestens von drei Jahren auszugehen.

Dimension Implemen-tierungsstufe Quantitative Bewertung (CHF) Qualitative Bewertung
(Skala 1-7)

Basisvolumen

1
5.000 CHF
6

Intensivierungspotential

2

1.000 CHF

2

Cross-Selling

1
2.000 CHF
2

Up-Selling

2
0 CHF
1

Sinkende Preiselastizität

2
300 CHF
3

Kostensenkungspotentiale

2
1.000 CHF
4

Referenzpotential

1
6.000 CHF
7

Informationspotential

2
0 CHF
1

Kooperationspotential

3
3.000 CHF
6

Summe:

18.300 CHF

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Vertriebseffizienz

Sales Excellence ist die Grundlage zur Verbesserung der Vertriebseffizienz.
Artikel

Menschen mit einer Finanzperspektive werden wahrscheinlich die quantitative Bewertung vorziehen, weil sich so eine Bestimmung der finanziellen Entwicklung des Unternehmens Bottom-Up unterstützen lässt. Im Vertrieb ist die finanzielle Perspektive sicher auch wertvoll, jedoch steht im Zentrum der Kundenwertberechnung der Betreuungsplan und das Rabattsystem. Beide bauen auf den Grundlagen Kundenwert auf. Je nach unterschiedlichem Wertsegment gilt es unterschiedlich in die jeweiligen Kunden von Seiten des Vertriebs zu investieren – sei es durch die Betreuungsart und -intensität oder das Rabattsystem.

Bei dieser Form der Kundenbewertung stellt sich in der Praxis schnell das grosse C- bzw. D-Kundensegment als Herausforderung dar. Wie soll für ein grosses Kundensegment eine solche zukunftsgerichtete Perspektive eingenommen werden? Die Antwort liegt in der Zeit. In einem klassischen B2B-Unternehmen bestehen Kundenbeziehungen über Jahre. Ausgangspunkt ist der Innendienst. Dieser sollte auf Basis des Kundendeckungsbeitrags Kontakt mit den jeweiligen Kunden aufnehmen (das kann auch via Email sein) und systematisch eine Einschätzung der Potentiale vornehmen. Somit ist es völlig ausreichend z.B. im ersten Jahr alles C-Kunden einschätzen und im folgenden Jahr alle D-Kunden und dann im folgenden Jahr wieder alle C-Kunden. Auch werden Potentiale falsch geschätzt und beim jeweiligen Kunden können sich spontan Dinge verändert. Wichtiger als die Genauigkeit auf jedem einzelnen Kunden im C- und D-Segment, ist die systematische Pflege des gesamten Kundenstamms über den Zeitablauf mit einer möglichst hohen Effizienz. Hier sind die Verantwortlichen gefordert die bestehenden internen Ressourcen optimal auf die Grösse des Kundenstamms anzupassen. So kann es auch zielführend sein, dass D-Segment gar nicht in die Betrachtung zu integrieren. Die vorgestellten Elemente gehören zu den Grundlagen Kundenwert und sind zu beachten, zur Steigerung der Vertriebseffizienz.