Oftmals wird Kundenorientierung inzwischen auf die Kultur reduziert. Es braucht nur eine kundenorientierte Kultur und dann fliegt das Thema Kundenorientierung quasi von alleine. So einfach ist es nicht. Aber die Kultur hat einen Einfluss bzw. ist ein wichtiges Element zur Stärkung der Kundenorientierung. Eine kundenorientierte Kultur umfasst allgemein drei Dimensionen:
- Geteilte gemeinsame Glaubenssätze
- Normen
- Artefakte
Diese haben einen Einfluss auf die Einstellung (Customer-centric Commitment) und das Verhalten (Customer-centric Citizenship Behavior) der Mitarbeitenden. Die Basis einer Kultur entstammt ihrer Genetik, den geteilten gemeinsamen Glaubenssätzen. Diese geteilten Glaubenssätze gilt es, zu ermitteln und auf die Verträglichkeit zur Steigerung der Kundenorientierung zu analysieren. Kundenorientierung stellt den Menschen in das Zentrum aller Aktivitäten. Dieser Gedanke sollte in der Organisation geteilt sein, um die Kundenorientierung kontinuierlich verbessern zu können. Darüber hinaus sollten in der Organisation Entscheidungen auf Basis von Kundenerkenntnissen gefällt werden. Das kontinuierliche Streben zu lernen ist ebenfalls ein wichtiger Glaubenssatz. Somit sind Glaubenssätze im Gegensatz zu den Normen allgemein, aber unterstützen die Kundenorientierung einer Organisation. Da Glaubenssätze eher allgemeiner Natur sind, besteht an dieser Stelle die Herausforderung, eine Liste an Glaubenssätzen zu erstellen, die eine kundenorientiere Kultur unterstützen.
Auf den geteilten Glaubenssätzen bauen die Normen einer Organisation auf. Normen sind ein wichtiger Bestandteil der Definition einer kundenorientierten Kultur. Im Gegensatz zu Regeln und Kontrolle geben Normen dem Einzelnen mehr Freiheit für die Zielerreichung, aber auch mehr Verantwortung, diese im Sinne der Intention zu interpretieren. Normen haben eine leitende Aufgabe für zielorientiertes Handeln.
Normen beschreiben das Verhalten, das die Mitglieder einer Organisation einander
aufzwingen, zu befolgen.
Normen sind demnach explizite oder implizierte Regeln über erwünschte oder unerwünschte Verhaltensweisen in Organisationen. Unklare oder widersprüchliche Normen können der Verbesserung der Kundenorientierung im Weg stehen. Zentrale Normen der Kundenorientierung sind:
- Ziele nicht auf Daten, sondern auf Kundenerkenntnisse ab.
- Triff möglichst keine Entscheidung ohne Kundenerkenntnisse.
- Verbessere systematisch die Entscheidungsprozesse
- Transformiere die Organisation, um besser auf Veränderungen antworten zu können.
- Binde den Kunden überall ein, wo der Wert für beide Parteien gesteigert werden kann.
- Verhindere Silo-Denken in der Organisation.
- Missioniere auch dein Netzwerk in Bezug auf die Kundenorientierung.
- Steigere den Wert sowohl für die Organisation als auch für die Kunden systematisch.
Normen verleiten leicht dazu, jede einzelne Norm niederzuschreiben und zu
kommunizieren. Das Bürokratieniveau einer Organisation drückt sich neben der
Hierarchietiefe in der Spezialisierung, Regelungs- und Dokumentationsintensität aus. Es reicht eben nicht aus, Kundenorientierung mit Regeln und Kommunikation in die Organisation zu pressen. So gut die Leitbilder an den Wänden gemeint sind, sie sind nicht erlebbar. Deshalb dürfen Normen nie für sich allein stehen. Es gilt, sie für alle Mitarbeitenden erlebbar zu machen, da Normen immer einer subjektiven Beurteilung eines jeden einzelnen unterliegen.
Deshalb sind Artefakte ein weiterer Bestandteil einer kundenorientierten Kultur. Artefakte machen die Normen für die Mitarbeitenden einer Organisation erlebbar. Die Erfassung und Interpretation von Artefakten stellen große Anforderungen an den Einzelnen. Es gilt vier unterschiedliche Artefakte einer Organisation zu unterscheiden:
- Geschichten
- Arrangements
- Rituale
- Sprache
Diese vier Artefakte wurden bisher nicht systematisch untersucht. Vor allem existiert kaum das Bewusstsein, dass diese vier Artefakte miteinander verbunden sind. Dabei können die Artefakte eine viel größere Wirkung erzielen als andere Instrumente. Geschichten werden inzwischen bewusst unter dem Modebegriff Storytelling in der Praxis genutzt. Dabei können Geschichten zur Verbesserung der Kundenorientierung der eigenen oder fremden Organisation beruhen. Aber Achtung: Apple, Google, Amazon und AirBnBGeschichten nutzen sich im Zeitablauf ab und sind für die allermeisten Mitarbeitenden unerreichbare Galaxien. Träume zu teilen, ist grundsätzlich ein wichtiges Element für die Motivation, aber die meisten Organisationen haben nur einen Tretroller und keine Rakete zur Verfügung für ihre Reise zu einer besseren Kundenorientierung. Es treibt einem förmlich die Tränen in die Augen, wenn sich Schweizer Retailer mit Amazon vergleichen wobei das Marktpotenzial im einen Fall bei über fünf Milliarden und im anderen Fall bei etwas über acht Millionen liegt. Somit gilt es, Geschichten über eigene Erfolge oder die von Wettbewerbern prägnant in der Organisation zu streuen.
Neben den Geschichten haben Arrangements in Organisationen ebenfalls einen Einfluss auf die kundenorientierte Kultur. Arrangements sind in diesem Zusammenhang als physische Manifestationen zu verstehen. Beispiele dafür sind teure Möbel im Wartezimmer, ein Kaffeeautomat, der einen hochwertigen Kaffee produziert, oder Kundeninteraktionsräume, die aufgrund der Großzügigkeit und Hochwertigkeit der eingesetzten Materialen aufzeigen: „Unsere Kunden sind uns wichtig.“ Dabei sind Arrangements nicht als Customer Experience oder die Forderung nach unnötig teuren Designelementen an Kundenkontaktpunkten zu verstehen. Es geht um Elemente innerhalb einer Organisation, die jedem Mitarbeitenden aufzeigen, dass die Kunden der Organisation wichtig sind. Somit sind die vielen vollgeschriebenen Plakate in Bürofluren zum Thema Kundenorientierung ebenfalls nicht als Arrangements zu sehen, weil sie nur beschreiben, dass Kundenorientierung wichtig ist, aber diese nicht selbst darstellen.
Rituale sind ein weiteres Artefakt einer kundenorientierten Kultur. Es können unterschiedliche Rituale zur Verbesserung der Kundenorientierung genutzt werden. Dabei können bspw. Kundenevents oder die jährliche Bestimmung des kundenorientiertesten Mitarbeitenden genannt werden.
Als letztes Artefakt gilt es die Sprache einer Organisation zu berücksichtigen. Wie oft haben wir in den vergangenen Jahren erlebt, dass in Meetings und Workshop das Wort „Kunde“ nicht einmal fiel? Wie oft haben Führungskräfte in Workshops immer wieder auf die Kosten anstelle auf mögliche Wachstumspotenziale verwiesen? Die Sprache und mit welcher Häufigkeit gewisse Begriffe verwendet werden, hat einen großen Einfluss auf die Entwicklung einer kundenorientierten Kultur. Sie steht dabei in enger Verbindung mit den Ritualen. Rituale können helfen, die Sprache in einer Organisation im Zeitablauf zu verändern. Manche Organisationen geben neuen Mitarbeitenden bei der Einstellung ein Glossar über die wichtigsten Begriffe in die Hand. Auch wenn wir uns der Sehnsucht nach einfachen und klaren Regeln bewusst sind – sorry, diese gibt es nicht und schon gar nicht in Bezug auf die Kultur. Jede Organisation und jede Führungskraft muss für sich entscheiden, welche Elemente zielführend sind und in welchem Umfang sie helfen, die Kundenorientierung zu verbessern. Allgemein empfehlen wir, bei der Sprache anzusetzen, da diese jeden betrifft, einfach zu verändern ist und viel bewegt
Wir wünschen Dir viel Erfolg bei der Etablierung einer kundenorientierten Kultur.