Preismanagement – von Dominik Schaller.
Preismanagement: Im Zentrum steht der Preis. Dies ist die Kernaussage des Ökonomen und Unternehmensberaters Hermann Simon. Der Preis sei das Scharnier der Wirtschaft und somit auch das effektivste Mittel, um Absatz und Gewinn zu steuern. Der Preis ist der Gewinntreiber schlechthin. Und weil es sich beim Preis um einen derart bedeutenden Aktionsparameter handelt, lässt sich die Furcht vieler Manager vor dem Preis erklären. Dies gilt insbesondere bei Preiserhöhungsverhandlungen: Wie fällt die Reaktion der Kunden aus? Bleiben sie dem Unternehmen loyal verbunden oder wandern sie zu Mitbewerbern ab? Dem weitverbreiteten Respekt vor dem Pricing begegnet Hermann Simon mit der Forderung, der Preis sei Chefsache. Preismanagement und -disziplin müssten in einem seriösen Unternehmen vom Top-Management definiert und in der Umsetzung kontrolliert werden. Nur so könne gewährleistet werden, dass ein Unternehmen mit einer Preiserhöhung nicht nur gestiegene Kosten weitergebe, sondern auch tatsächlich höhere Margen erziele und dadurch wertvoller werde. Das Ziel bestehe in der Erreichung von Pricing Power.
Angesichts der Bedeutung, die der Preis für jedes Unternehmen haben müsste, ist es erstaunlich, wie wenig Beachtung diesem in der Forschung wie auch in der ökonomischen Praxis beigemessen wird. Noch immer verfügt nur eine Minderheit aller Unternehmen über ein professionelles und nachhaltiges Preismanagementsystem, welches dynamisch an veränderte Marktbedingungen angepasst werden kann. Aus diesem Grund hat Hermann Simon seine wissenschaftliche wie auch privatwirtschaftliche Laufbahn dem Pricing gewidmet.
Quelle: Simon, H. (2015). Preisheiten. Alles was Sie über Preise wissen müssen. (2. Auflage). Campus Verlag.
Die von ihm verfassten Werke zählen zur Standardliteratur im Bereich Sales Management. Und das von ihm gegründete Preisberatungsunternehmen Simon, Kucher & Partners beschäftigt rund 2’000 Mitarbeitende und darf sich Weltmarktführer nennen.
Die wichtigsten Erkenntnisse, die Hermann Simon während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit sammeln durfte, hat er im Buch Preisheiten: Alles was Sie über Preise wissen müssen kompakt und einfach zugänglich zusammengefasst. Das Buch richtet sich gleichermassen an die Fachleserschaft wie an Manager aus der beruflichen Praxis.
Die Themenschwerpunkte der Darstellung lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen:
- Wertbasierte Preisgestaltung: Simon betont die Bedeutung der wertbasierten Preisgestaltung, bei welcher der Preis eines Produkts oder einer Dienstleistung auf dem wahrgenommenen Wert für den Kunden basiert, anstatt nur auf den Kosten oder Marktpreisen.
- Psychologie der Preise: Das Buch behandelt ausführlich die psychologischen Aspekte der Preisgestaltung. Simon erklärt, wie Preise die Wahrnehmung der Kunden beeinflussen und wie Unternehmen diese Erkenntnisse nutzen können, um ihre Preisstrategien zu verbessern.
- Preis- und Umsatzoptimierung: Der Autor zeigt verschiedene Methoden zur Optimierung von Preisen und Umsätzen auf. Dies umfasst unter anderem die Analyse von Preissensitivitäten und die Anwendung von Preismodellen. Dabei erweisen sich eine kundenorientierte Preisdifferenzierung sowie die Kombination der zu verkaufenden Produkte mit zusätzlichen Services (Simon spricht von Zusatzleistungen) als hohe Kunst des Preismanagements.
- Fallstudien und Best Practices: Das Buch enthält zahlreiche Fallstudien und Best Practices aus verschiedenen Branchen, die veranschaulichen, wie erfolgreiche Unternehmen ihre Preisstrategien umgesetzt haben. Das Spektrum der Beispiele reicht von Aldi über Ikea bis zu Apple und Amazon.
- Digitalisierung und Preise: Simon diskutiert auch die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Preisgestaltung und wie Unternehmen auf diese Veränderungen reagieren können.
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Mit dem zersetzenden Potenzial von Preisen befasst sich Hermann Simon in einem Kapitel zum Thema Preiskriege. In einer globalen Umfrage von Simon, Kucher & Partners gab über die Hälfte aller befragten Manager an, ihr Unternehme befinde sich einem Preiskrieg. Die Konsequenzen von Preiskriegen sind verheerend: Preisniveaus werden nachhaltig zerstört, und Kunden gewöhnen sich an Tiefstpreise. Ferner lassen sich die Beziehungen zwischen Mitbewerbern kaum mehr normalisieren. Auslöser für Preiskriege sind gemäss Simon oft Überkapazitäten sowie unrealistische Zielvorgaben für Umsatz, Absatz und Marktanteil, was in aggressive Preisstrategien mündet. Besonders betroffen sind der Dienstleistungssektor und Branchen mit wenig differenzierten Produkten.
Ein solcher Preiskampf tobt seit Jahren in der Schweizer Sicherheitsbranche: Mittels einfacher Google-Suche zu den Schlagworten «Preiskampf» und «Sicherheit», stösst man auf eine Vielzahl an Presseberichten mit Überschriften wie «Ex-Mitarbeiter packen aus: Sicherheit zu Dumpingpreisen» oder «Sicherheitsdienste: Eine Branche im freien Fall». Tatsächlich sind in der Schweiz über 800 verschiedene Sicherheitsdienstleistungsunternehmen aktiv. Nur rund zehn Prozent dieser Unternehmen gehören dem Verband Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungs-Unternehmen (VSSU) an, der sich für einheitliche Standards (beispielsweise im Rahmen der Ausbildung) einsetzt und mit den Sozialpartnern einen Gesamtarbeitsvertrag aushandelt. Insbesondere in der Deutschschweiz herrscht ein regelrechter Wildwuchs in der Sicherheitsbranche, da im Gegensatz zur französischsprachigen Schweiz keine überkantonalen Regulierungen gelten. Motor des Preiskampfs sind kleine und mittlere Unternehmen, die wenig Mittel für die Implementierung und Aufrechterhaltung von Standards aufwenden und ihre Dienstleistungen daher zu Tiefstpreisen offerieren.
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Wie reagieren die grossen Akteure der Sicherheitsbranche auf diese Herausforderung? Leider orientieren sie sich zu stark am Pricing der kleineren Mitbewerber und befeuern so den Preiskampf, was sich verheerend auf die Marktsituation auswirkt. Scheinbarer Gewinner sind die Kunden, die sich an die Tiefstpreise gewöhnen und diese vehement einfordern. Die Angst vor möglichem Auftrags- oder Volumenverlust paralysiert zahlreiche Sicherheitsdienstleister zusehends, sodass diese selbst den Anstieg der direkten Kosten im Rahmen von Preiserhöhungskampagnen nicht konsequent an ihre Kunden weitergeben. Zur Erreichung der Betriebsziele wird stattdessen an den direkten Kosten geschraubt, was nicht selten eine Verminderung der Dienstleistungsqualität zur Folge hat. Und dies wiederum scheint die Kunden in ihrer Tiefpreismentalität zu bestätigen. Hermann Simon schreibt in Preisheiten, intelligente Branchen würden Preiskriege vermeiden, während dumme Branchen sich in ebensolche verwickeln liessen. Wie kann die Sicherheitsbranche in eine «intelligente Branche» transformiert werden? Wie lässt sich der dargestellte Teufelskreis durchbrechen? Der Branchenverband VSSU versucht der Preiserosion Einhalt zu gebieten, indem er öffentliche und private Auftraggeber sensibilisiert, bei Ausschreibungen nicht nur ökonomische, sondern auch qualitative Kriterien zu gewichten. Die Stossrichtung stimmt. Es liegt nun aber an den Unternehmen selbst, ihre Dienstleistungen zu differenzieren, kundenorientierter zu gestalten und mit Value Added Services aufzuwerten. Allzu grossen Einfallsreichtum haben Unternehmen in dieser Hinsicht allerdings noch nicht an den Tag gelegt. Dasselbe lässt sich über die Preisgestaltung sagen: Das im Markt vorhandene Gewinnpotenzial wird nicht ausreichend ausgeschöpft. Die allermeisten Unternehmen gestalten ihr Preismanagement ausschliesslich auf der Cost-Plust-Methode. Mit etwas mehr Kreativität liesse sich die Zahlungsbereitschaft der Kunden steigern. Hermann Simon zeigt in seiner Darstellung auf, mit welchen Methoden dies bewerkstelligt werden könnte: Dynamic Pricing und Preisbündelung sind nur zwei Beispiele. Und mittels Relationship Based Pricing lässt sich der Wert eines Kundenportfolios systematisch steigern. Branchenvertreter beklagen sich lautstark über Preiskrieg sowie Preiserosion und fordern den Gesetzgeber (zu Recht) auf, die Anforderungen an Sicherheitsdienstleister stärker zu reglementieren. Doch solange diese Unternehmen an einem antiquierten Preismanagement festhalten und nicht auf Pricing Excellence setzen, ist die Stagnation in der Branche weitgehend selbst verschuldet.