Kundenwert Segmentierung: Für eine erfolgreiche und anhaltende Geschäftsbeziehung ist es unabdingbar, dass auf der einen Seite ein möglichst hoher Kundennutzen für einen Nachfrager entsteht und auf der anderen Seite aber auch ein Kundenwert für den Anbieter entsteht. Eine Unternehmenspolitik der Kundenzentrierung bringt dabei Produkte oder auch Services hervor, die möglichst genau den Wünschen der Kunden entsprechen. Dabei sind Services oftmals das geeignetere Instrument, um die Kundenbindung zu stärken. Bei diesem Ansatz wird die Betrachtung der dafür eingesetzten Mittel gänzlich ausgeklammert, was zu Wirtschaftlichkeitsproblemen führen kann.
Werden Effizienz und Effektivitätskriterien berücksichtigt, können sich aber Zielkonflikte durch die gegenseitige Abhängigkeit / Beeinträchtigung ergeben. Ein möglicher Ansatz zur beiderseitigen Betrachtung bieten die beiden Wertperspektiven «Value-to-the-customer» (ausreichender Kundennutzen) und «Value-of-the-customer» (Ergebnisbeitrag des Kunden für das Unternehmen)
Das Customer Value Management versucht aus beiden Bestandteilen einen Handlungsrahmen für das Marketingmanagement zu entwickeln. Zur praktischen Umsetzung / Operationalisierung ist ein IT-gestütztes Vorgehen mit individuellen Kundeninformationen nötig. Kundenorientierte Informationssysteme verstärken die Koordination und Kooperation von Vertriebs-, Marketing- und Kundenbeziehungs-Controlling. Die richtige Kundendatenanalyse stellt dabei einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar.
Quelle: (Krämer & Burgartz, 2022, S. 221–229) & (Krämer & Burgartz, 2022, S. 241–245)
Krämer, A., & Burgartz, T. (2022). Kundenwertzentriertes Management: Value-to-Value – Pricing – Big Data – Controlling. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36413-7
Bei der Operationalisierung des Kundennutzens (Value-to-the-customer) ist es unabdingbar die Nutzenanforderungen zu messen. Je vollständiger die Kundeninformationen sind, desto besser können die Angebote auf die Kunden angepasst werden. Die notwendigen Kundendaten können dabei durch Analyse der bestehenden Geschäftsbeziehung mit Kunden oder von empirischen Studien kommen (z.b. Conjoint Measurement). Die Operationalisierung des Kundenwertes (Value-of-the-customer) oder der Nutzenkapitalisierung erfordert die Messung des Kundenwertes. Der Kundenwert kann in zwei Teilwerte unterteilt werden. Den Basiswert und Wachstumswert. Beim Basiswert wird dabei der Deckungsbeitrages über einen gewählten Zeitraum herangezogen. Beim Wachstumswert wird zwischen Up-, Cross-Selling und Erlöse durch Empfehlungen zu unterscheiden.
Werden nun diese beiden Wertperspektiven in einer Matrix zusammengeführt, wird vom Value-to-Value-Ansatz gesprochen. Dabei lässt sich in der Praxis erkennen, dass Unternehmen mit ähnlichen Leistungen unterschiedlich erfolgreich sind. Dabei kann es auch sein, dass Unternehmen mit kleinerem Kundennutzen diesen besser in Kundenwert umwandeln können. Der Unternehmenserfolg hängt stark von der Allokation der Marketingressourcen auf Segmente mit erhöhtem Kundenwert ab.
Eine erfolgreiche Operationalisierung der Value-to-Value Segmentierung (V2V-Segmentierung) kann mit sieben Schritten beschrieben werden. Schritt 1: die Analyse und Bestimmung der Nutzentreiber für jeden Kunden (Customer Benefits). Schritt 2: Analyse und Bestimmung des Kundenwertes (Customer Value). Schritt 3: Festlegung der V2V-Matrix / Befüllung der Einzelsegmente. Schritt 4: Fokussierung auf den Beziehungszustand der Kundenbeziehung. Schritt 5: Potenzialanalyse. Schritt 6: Festlegung von Marketingmaßnahmen / Detaillierung des Segmentwissens. Schritt 7: Controlling und Feedbackschleife. Mit diesem Schritt wird das System zu einem dynamischen Ansatz und es lässt sich auf B2B, sowie B2C angewendet werden.
Denkwerkstatt Sales Excellence
Anwendung auf ein Automatisierungsunternehmen im B2B-Bereich:
Wertperspektive «Value-to-the-customer» (ausreichender Kundennutzen)
Mein Unternehmen arbeitet bereits sehr kundenorientiert und ist so bereits 43 Jahre erfolgreich als Challenger in der Automatisierungsbranche tätig. Da wir im B2B-Bereich vom Vertrieb, wie auch im Touch Point des technischen Supports nahe am Kunden dran sind, ist es uns so möglich auf die stetigen Veränderungen der Bedürfnisse und auch auf zusätzliche Wünsche einzugehen und diese so schnell ins Produktmanagement rückzumelden. Bis anhin werden zur Messung des Kundennutzens unserer Produkte noch keine grossflächigen Befragungen durchgeführt. Dies wird jedoch momentan vom Marketing geprüft. Generell werden klassische Produkte der Automatisierungstechnik, wie Motoren, I/O-Klemmen, Industrie-PC’s etc. nachgefragt. Die Qualität und Leistungsfähigkeit unserer Hardwarekomponenten ist ein wichtiger Erfolgsfaktor unseres Unternehmens. Bei meinem Unternehme arbeiten wir aber immer mehr darauf hin, zusätzliche Services zu entwickeln, die die Kundenbindung zusätzlich stärken und einen Wechsel zu anderen Produkten erschweren. Dabei ist ein Ziel der immer stärker nachgefragten Convenience Rechnung zu tragen.
Wertperspektive «Value-of-the-customer» (Ergebnisbeitrag des Kunden für das Unternehmen)
Der Kundenwert bezogen auf unsere Hardwareprodukte verändert sich mit der Zeit. Betrachtet man den Zeitraum der letzten 3 Jahre mit den schwierigen Lieferverhältnisse und den steigenden Kosten bei Beschaffung und Produktion (Energie) so wird ersichtlich, wie wichtig es ist die Zeitachse richtig zu wählen. Bei meinem Unternehmen sind die Geschäftsbeziehungen auf eine längere Zeit zu beachten, da der Maschinenbau ein eher träges Business ist. Zudem kann ein Kundenwert mit der Zeit sogar ansteigen. Kommt ein Produkt oder Service bei unseren Kunden gut an, kommen mit steigenden Absatzzahlen Verbesserungen in der Produktion zum Tragen. Die Kosten können gesenkt werden und die Marge somit erhöht werden und der Kundenwert steigt an. Was Services, neben der Stärkung der Kundenbindung, ebenfalls interessanter macht als klassische Automatisierungsprodukte ist, dass man unabhängig von externen Faktoren entwickeln kann. Lieferprobleme und Energie sind wenig stark gewichtet und die Allokation von Mitarbeitern spielt eine grössere Rolle. Der Kundenwert kann hier sogar noch stärker ansteigen mit der Zeit, da keine Produktionskosten anfallen und Supportaufwendungen viel kleineren Einfluss haben als Rohmaterial, dass bei Hardwareprodukten benötigt wird. Bei meinem Unternehmen gibt es bei den Services kostenlose Tools und solche die kostenpflichtig sind. Daher muss der Problempunkt der Wirtschaftlichkeit bei Services, wie im behandelten Artikel beschrieben, genaustens überprüft werden.
Podcast SalesX & Innovation
Operationalisierung der Value-to-Value Segmentierung
Die sieben Schritte zur Umsetzung einer V2V Segmentierung werden bei meinem Unternehmen schon angewendet. Bei Schritt 1-3 ist ein hohes Mass an Kooperation und Koordination zwischen Vertrieb oder dem technischen Support und dem Produktmanagement erforderlich. Hier wird auch versucht, den Kunden bei Konkretisierung von möglichen Neuentwicklungen direkt mit einzubeziehen. Die Schritte 4 und 5 werden dann intern im Team ausgearbeitet. Meist sind die nachgefragten Produkte auf viele unserer Kunden anwendbar und somit besteht meistens ein höheres Mass an Potenzial. Bei Sonderlösungen, die nur für einen Kunden erstellt werden, besteht zudem eine viel höhere Zahlungsbereitschaft und somit kann so der Kundennutzen und der Kundenwert gleichzeitig erhöht werden. Ist ein Produkt oder Service lanciert, werden die zuvor bereits abgesprochenen Marketingaktivitäten gestartet und der Vertrieb geschult und die Feedbackschlaufe und das Controlling sorgen dafür die Wirtschaftlichkeit der Lösungen zu prüfen.