Value Selling 2021 von Manuel Balmer.
Nehmen wir uns das Beispiel von Flugpreisen von zwei rivalisierenden Airlines in Südamerika. In sechs Wochen stehen bei beiden Ländern politische Wahlen an, wobei der wirtschaftliche Erfolg der Airline einen massgebenden Beitrag für die Wiederwahlen des Ministeriums leisten wird. Die Aufgabe der jeweiligen Minister besteht darin, den Profit für die eigene Airline zu maximieren. Anhand dieses Beispiels kann aufgezeigt werden, wie wichtig Value Selling 2021 ist.
Wenn man eine Gruppe in mehrere Einzelgruppen unterteilt und diese die Verhandlungen vornehmen lässt, kann folgende Entwicklung beobachtet werden. Es wird über mehrere Runden mit der Gegenpartei verhandelt. Nach jeder Runde gaben die Airlines ihren Preis bekannt, welcher danach eine Woche gültig war, also bis zur nächsten Runde. Nach Abschluss der letzten Runde wird oft ersichtlich, dass die finanziellen Ergebnisse der Gruppen unterschiedlich sind. So wird oft in den ersten Runden Vertrauen aufgrund egoistischer Entscheide missbraucht, welches später nicht mehr aufgebaut werden kann.
Vertrauensvorschuss bei Verhandlungen
Ein Vertrauensvorschuss in Verhandlungen beweist zu Beginn der Wille eine gemeinsame Lösung zu finden.
Das Zürcher Verhandlungsmodell
Das Zürcher Verhandlungsmodell wurde von Michael Bullinger entwickelt und hilft bessere, sowie nachhaltigere Lösungen zu entwickeln. Es besteht aus sieben Schritten auf der Grundlage von Werten und Beziehung.
Vorbereitung – Vor jeder Verhandlung gilt es sich gut vorzubereiten und seine eigenen Ziele zu definieren „Was möchte ich in der Verhandlung erreichen?“.
Sichtweisen – Zu Beginn des Gespräches soll jede Partei seine Sichtweisen offenlegen. Zuhören und Verstehen seines Gegenübers ohne die Aussagen zu bewerten ist dabei zentral.
Interessen – Bei diese Stufe werden nach den Sichtweisen die Interessen hinterfragt. Was möchte mein Gesprächspartner? Wichtig ist, dabei nicht auf seiner Position zu verharren und Offenheit zu signalisieren.
Optionen – Mit einem Brainstorming werden gemeinsam möglichst viele, kreative Ideen zusammen entwickelt. Konstruktive Kritik zu den einzelnen Ideen sind angebracht, um schlussendlich die Option auszuarbeiten, welche für beide Parteien eine „Win-Win“ Situation herbeiführt.
Kriterien – Eine gemeinsame Festlegung der Kriterien schafft Rahmenbedingungen für die Lösungsfindung. Wichtig ist, keine willkürlichen Forderungen in die Kriterien einfliessen zu lassen.
Mehrwert Lösungen – Um einen Mehrwert für alle zu kreieren, müssen Mehrwerte ausserhalb der klassischen „Feilsch Strategie“ entwickelt werden. So können beispielsweise zusätzliche Dienstleistungen als Mehrwert zur Lösung beitragen. Zuletzt wird die Lösung mit der eigenen BATNA (Best Alternative To a Negotiated Agreement) verglichen, um eine Entscheidung herbeizuführen.
Abschluss / Umsetzung – Sobald sich beide Parteien nach der Lösungsfindung in ihrer ZOPA (Zone Of Possible Agreement) befinden, kommt es zum Verhandlungsabschluss mit der anschliessenden Umsetzung.
Zentrale Erkenntnisse zu Value Selling 2021
- Gegenseitiges Vertrauen ist beim „Value Selling 2021“ die Basis des Verhandelns
- Vertrauensvorschüsse erzeugen Sicherheit bei meinem Gegenüber
- Den Verhandlungspartner verstehen und sich in seine Lage versetzen
- Eine Partnerschaft funktioniert nur auf Basis von Grundwerten wie Respekt und Fairness
- Mit Kreativitätsfragen aus den jeweiligen Interessen Optionen herbeiführen
Value Selling in der Praxis
Bei Geberit International Sales AG werden unterschiedliche Kundengruppen im Nahen-Osten und auf dem Afrikanischen Kontinent über Regionalleitungen durch lokale Geschäftsstellen betreut. Neben dem Retailgeschäft ist das Projektgeschäft ein wichtiger Bestandteil des Erfolges. Der Verkauf der Produkte wird mehrheitlich über Grosshändler an die Bauunternehmer vor Ort verkauft. Dabei ist die Betreuung verschiedener der Kundengruppen (Architekten, Generalunternehmer, Investoren, Installateure, Grosshändler) über die Aussendienstmitarbeiter ein wesentlicher Bestandteil, um von den eigenen Systemlösungen zu überzeugen. Dabei gilt es alle Akteure eines zu akquirierenden Projektes von dieser Lösung zu überzeugen.
Unterschiedliche Interessen der einzelnen Akteure im Projektgeschäft
Jedes Bauprojekt und deren Systeme in der Gebäudetechnik sind einzigartig und doch gibt es viele Gemeinsamkeiten in der Struktur und der Entscheidungsfindung für ein optimiertes System im Projektteam. Ein Architekt richtet beispielsweise seinen Fokus meistens auf die Ästhetik und das Design eines Produktes, wie es sich in seinen räumlichen Gegebenheiten einfügt und wie viel Platz die Technik dabei einnimmt. Ihn über technisch komplexe, hydraulische Erklärungen zu den einzelnen Produktekomponenten zu überzeugen, würde sehr wahrscheinlich nicht seinem Interesse entsprechen und wenig zielführend sein. Er möchte wissen wie viel Platz er sparen kann, welcher er für seine Raumentwicklung nutzen kann. Ein Gebäudetechnik Ingenieur hingegen möchte über genau diese technischen Vorteile aufgeklärt werden, um zu verstehen welcher Nutzen für ihn daraus entsteht. Dies kann zu einer Reduktion / Optimierung der Materialmenge oder zur Vereinfachung komplexer Leitungsführungen führen. Dem Installateur sind vor allem die einfache Handhabung und speditive Installation der Produkte wichtig, wobei er den Produktepreis mit der Installationszeit ins Verhältnis setzt. Dem Investor hingegen sind die Kosten wichtig. Schliesslich hat er ein Budget für die Realisierung und begrüsst jegliche Einsparungsmöglichkeiten, solange die Qualität sichergestellt ist oder sogar angehoben werden kann.
Vertrauensvorschuss als Basis für Gespräche
Jeder Akteur möchte verstanden werden und seine Interessen wahren. Um bei so vielen Einflussnahmen und Entscheidungsträgern einen gemeinsamen Nenner zu finden, ist eine offene sowie vertrauensbasierte Verhandlungsstrategie die Voraussetzung.
Zunächst ist es wichtig einzelne Gespräche mit den involvierten Parteien zu führen, bei denen es zu verstehen gilt, was dem Gegenüber von Bedeutung ist. Die Sichtweisen können dabei unterschiedlich sein. Hat ein Installateur ein ihm fremdes Produkt noch nie in einem Projekt verwendet, so wird er etwas Neuem eher skeptisch gegenüberstehen. Wenn er dabei noch einen höheren Preis als ein konventionelles System dafür bezahlen muss, starten die Gespräche oft mit einem Hauch an Misstrauen. Dabei greift er auf schlechte Erinnerungen mit anderen Herstellern aus der Vergangenheit zurück, bei denen er enttäuscht wurde oder der versprochene Erfolg ausblieb.
Ein Vertrauensvorschuss als Beweis in Form von professioneller Beratung und Unterstützung während der Bauphase kann einen Richtungswechsel während den Gesprächen herbeiführen. Doch wie kann ich beweisen, dass ich meine Verkaufsversprechen auch wirklich einhalten werde?
Bei einem Grossprojekt konnte eine von uns erarbeitete Systemlösung in Form einer umfangreichen Planung und Berechnung dem Kunden beweisen, dass wir unsere Versprechen von professionellem Service einhalten. Eine anschliessende, für den Kunden kostenfreie Schulung der Produkte, während mehreren Tagen mit den Installateuren auf der Baustelle hat den Vertrauensvorschuss bezeugt. Der höhere Preis der Produkte ist dadurch in den Hintergrund gerückt, da der Mehrwert von Schulungen und die stetige Unterstützung durch unsere Mitarbeiter dem Kunden einen Mehrwertlösung erbrachte
Den gemeinsamen Nenner finden
In einem Umfeld, bei dem normalerweise der Preis eine zentrale Rolle spielt, ist der Ansatz des «Value Selling» umso wichtiger. Geberit bietet ein sehr breites Spektrum an zusätzlichen Dienstleistungen ohne Kostenaufpreis an, welche während Verhandlungsgesprächen den Fokus auf den Preis unterbricht. Kann durch ein neuartiges System und mit Schulungen der Installateure die Installationszeit verringert werden, so zahlt der Kunde mehr für das System, jedoch spart er wertvolle Mitarbeiterkosten ein. Setzt der Kunde das System nun bei einem Folgeprojekt ein, so ist das «Know-How» bereits vorhanden, um speditiver zu installieren.
Kann durch eine Optimierung der Platzverhältnisse wertvoller Platz für Technik als Wohnfläche genutzt werden, so kann ein Liegenschaftsentwickler unter Umständen mehr Fläche verkaufen, welche Wiederum den Mehrpreis der Produkte relativiert. Der gemeinsame Nenner zu finden, macht den Unterschied zwischen Verkaufen über den Wert eines Systems oder nur über den Preis.
Schlussfolgerung
Bei einer umfangreichen Vorbereitung unter Anlehnung and das «Zürcher Verhandlungsmodell» nach Michael Bullinger, können Lösungen erarbeitet werden, die allen Verhandlungsbeteiligte einen Mehrwert bringen. Die schrittweise Anordnung ermöglicht zudem einen fundamentalen Aufbau des Verhandlungsgespräches.
Quellen:
- Bullinger Institut für Verhandlungsmodelle
- Geberit International Sales AG
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