Omnichannel Marketing 2021 von Naico Di Chiara
«Business has only two functions – marketing and innovation», Milan Kundera bringt es mit seinem Aperçu auf den Punkt. Organisationen werden nicht nur durch die digitale Transformation affektiert, vielmehr sind sie disruptiven Kräften ausgesetzt. Das Potenzial im E-Commerce ist exzeptionell: In der Schweiz stiegen die Onlineverkäufe im vergangenen Jahr knapp um ein Drittel; von 10.3 Mia. auf 13.1 Mia. Schweizer Franken. Erfolgreiches E-Commerce bedingt insbesondere zwei Multiplikatoren; eine allumfassende E-Commerce-Strategie und Omnichannel Marketing 2021.
Unterschied zwischen «Digital Marketing» und «Online Marketing»?
Die Konzepte mögen zwar analog klingen, sind aber keineswegs deckungsgleich. Ganz im Gegenteil. Digitales Marketing kann als Umbrella-Term verstanden werden, welches Produkte, Marken und Dienstleistungen mit Hilfe digitaler Technologien auf unterschiedlichen digitalen Kanälen und Plattformen (unabhängig davon, ob diese online oder offline sind) vermarktet. Die folgenden Methoden zählen zum Digital Marketing:
- In-Games-Ads in Offline-Spielen (bspw.: Temple Run 2)
- Content-Marketing
- Video-Marketing über Offline-Kanäle
- E-Books
- Mobile-Marketing (SMS Text-Kampagnen)
Marketing kennt im Online-Bereich viele Erscheinungsformen. Ob mittels Alexa, Google Home Mini, per Smartphone oder via IoT: Online Marketing definiert alle Marketing-Aktivitäten, die ausschliesslich im WWW stattfinden. Online Marketing ist ein essenzieller Teilbereich des Digital Marketings und umfasst die folgenden Massnahmen:
- SEO (Suchmaschinenoptimierung)
- SEA (Suchmaschinenwerbung)
- Social-Media-Marketing
- PPC (Google, Bing)
- Display Advertising (Text, Bilder, Video, Shopping Ads)
- TV (Google Display Network)
Omnichannel Marketing 2021: Die kanalübergreifenden Marketingdisziplin
Hinter dem Terminus Omnichannel Marketing 2021 steckt ein Konzept, dass eine einzigartige User Experience und eine affirmative kanalübergreifende Customer Experience auf allen signifikanten Touchpoints entlang der Customer Journey verspricht. Der Begriff Omnichannel weist auch auf eine Veränderung und Optimierung in der Art hin, wie User sich durch den «Digital Marketing Funnel» bewegen. Die Implementierung einer ganzheitlichen Omnichannel Marketing Strategie folgt einer Roadmap von einzelnen Initiativen, die online und offline Aktivitäten beinhalten.
Der moderne Kaufprozess hat viele Gesichter
Über 80 Prozent aller Kunden*innen informieren sich über Produkte und Dienstleistung eines Anbieters, bevor sie ein Point-of-Sale besuchen. Selbst im Store hört die Recherche nach Informationen nicht auf – vielmehr gehört diese Attitude zum Kaufprozess. Diese Tatsache erklärt auch, warum Anbieter auf kostenloses WIFI in den eigenen Stores setzen: Kunden*innen, welche sich auf diese Art und Weise mit Marken und Produkte auseinandersetzen, haben im Durchschnitt einen höhere Conversion-Rate von 20 Prozent.
In einer Studie der britischen Drogerie-Kette «Walgreens» lässt sich der Erfolg eines Omnichannels-Ansatzes an den konkreten Umsatzzahlen ablesen: Kunden*innen, die sowohl am Point-of-Sale als auch über digitale Kanäle einkaufen, geben im Durchschnitt sechsmal mehr aus als Kunden*innen, die jeweils nur am Point-of-Sale einkaufen.
Organisationen müssen sich zukünftig noch mehr auf eine attraktive Customer Experience über alle Channels sowie Devices fokussieren, um einen effizienten und bequemen Einkauf zu ermöglichen. Das heutige Consumer Behavior setzt voraus, das Produkte jederzeit online sowohl als auch am Point-of-Sale verfügbar sind. Für Organisationen ist eine Omnichannel Strategie unumgänglich. Ein Muss. Und dies, obwohl der Ansatz eine strategische und kulturelle Neuorientierung von der Organisation verlangt. Darüber hinaus erfordert der Omnichannel Ansatz Flexibilität, Transparenz sowie eine vollkommene Datenintegrität. Dabei spielt das richtige «Omnichannel Marketing» eine essenzielle Rolle. Richtiges Omnichannel Marketing hilft eine positive Customer Experience für jeden Kunden*in bei jedem Touchpoint entlang der Customer Journey zu schaffen, die Loyalität zu stärken und eine affirmative Einstellung zur Marke aufzubauen.
Die fast perfekte Omnichannel Marketing 2021 Strategie
Einen perfekten Fahrplan gibt es nicht. Aber einen nahezu. Omnichannel Marketing umzusetzen bedeutet, den Kunden*in in den Mittelpunkt des Denkens und Handels zu stellen. Das oberste Ziel einer Organisation ist die Erschaffung einer wertschätzenden Customer Relation über die gesamte Customer Journey hinweg. Der folgende Leitfaden hilft bei der Konzeptionierung einer jeglichen Omnichannel Marketing Strategie:
- KENNEN, VERSTEHEN UND ANALYSIEREN SIE IHRE ZIELGRUPPE – nur wer seine Kunden*innen kennt, kann in derselben Sprache sprechen. Um ein Verständnis für die eigene Zielgruppe zu gewinnen, müssen Präferenzen, Wünsche, demographische Merkmale, Vorlieben sowie Konsum- und Verhaltensmuster in Kontinuität analysiert werden.
- ABTEILUNGSÜBERGREIFENDES ARBEITEN – Omnichannel Marketing funktioniert nur, wenn alle Mitarbeiter*innen in die Strategie einbezogen werden. Eine tadellose Customer Experience ist nur dann möglich, wenn Marketing, Vertrieb, UX und Support aufeinander angestimmt sind.
- KONZIPIEREN SIE EINE CUSTOMER JOURNEY MAP – Customer Journey Maps helfen Ihnen dabei, sich in die Lage Ihrer Zielgruppe zu versetzen. Erfahren Sie mehr zu den Value-in-Play Interkationen sowie zu Ihren Lücken in der Kommunikation über die aktiv nutzenden Channels.
- NUTZEN SIE DIE RICHTIGEN MARKETINGKANÄLE – nutzen Sie Insights aus der Customer Journey Map; berücksichtigen Sie alle Touchpoints entlang der Journey, die Kunden*innen mit Ihrer Marke haben und stellen Sie sicher, dass jeder Berührungspunkt ein einheitliches Erlebnis bietet. Unabhängig, ob Erfahrungsmarketing oder Displaymarketing am Point-of-Sale, Ihr Omnichannel Erlebnis sollte für alle Kunden*innen eine fliessende Erfahrung sein.
- EVALUIEREN SIE DIE RICHTIGEN MESSGRÖSSEN – damit Sie die Wirksamkeit Ihrer Marketingstrategie evaluieren können, müssen die richtigen KPIs überwacht und analysiert werden. Mithilfe von UTM-Parameter, Promotion-Aktionen und Cookies sollten Sie in der Lage sein, Ihre Conversion-Rates über die verschiedenen aktiven Marketingmassnahmen zu messen. Dabei sollten Sie nicht nur auf umsatzrelevante Messgrössen, sondern auch auf Ziele, welche auf Markenbekanntheit sowie Markenstimmung ausgerichtet sind, setzen.
- AGILITÄT, INTERAKTION UND KONTINUITÄT – wir leben in einer VUCA-Welt! Nicht nur die Analyse Ihrer Marketingaktivitäten ist essenziell, sondern auch die Entwicklung Ihrer Marketingmassnahmen. Kombinieren Sie verschiedene Channels und interagieren Sie immer mit Ihrer Zielgruppe. Ihre Kunden*innen geben Ihnen die wirksamsten Insights, welche fundamental für die strategische Marketingplanung sind. Inkludieren Sie gewonnenes Kundenwissen in Ihre Strategie.
Summary: Omnichannel Marketing 2021
Bei der Planung einer Omnichannel Marketing Strategie sind die folgenden Bulletpoints essenziel:
- Omnichannel Marketing beinhaltet Online- und Offline-Marketing-Aktivitäten.
- Im Mittelpunkt steht der Kunde.
- Erfolgreiches Omnichannel Marketing setzt voraus, dass Sie Ihre Zielgruppe kennen.
- Arbeiten Sie abteilungsübergreifend. Omnichannel Marketing ist ein strategischer Entscheid, welcher von der Geschäftsleitung initiiert werden sollte. Die gesamte Organisation ist essenziell und Bestandteil der Durchführung.
- Sprechen Sie die Sprache Ihrer Zielgruppe und wählen Sie adäquate Marketing-Channels. Interagieren Sie mit Ihrer Zielgruppe. Fragen Sie. Experimentieren Sie. Seien Sie agil. Und nützen Sie gewonnene Kunden-Insights.
Starbucks als positives Beispiel
Digitale Beziehung
Die Omnichannel Strategie von Starbucks ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man die Kundenloyalität verstärkt und den Customer Lifetime Value ausbaut. In einer durchgeführten Kundenanalyse im Jahr 2018 analysiert Starbucks, dass die treueste Kundengruppe aktiv am Starbucks Rewards (Belohnungssystem) teilnahmen – Fakt: Über 60 Millionen Kunden*innen hatten überhaupt keine digitale Beziehung zur Marke. Der Aufbau einer digitalen Beziehung zu dieser Kundengruppe wurde zum Grundstein einer innovativen sowie fortlaufenden Omnichannel Marketing Strategie. Starbucks reagierte mit kostenlosem WIFI in jedem Point-of-Sale. Um auf das WWW zugreifen zu können, mussten sich Kunden*innen mit einer E-Mail-Adresse anmelden. Mit anderen Worten: Starbucks erzwang die digitale Beziehung und erhielt das Erlaubnis, auf einem neuen Channel mit der Kundengruppe zu interagieren. Heute, 3 Jahre nach der Einführung von kostenlosem WIFI hat Starbucks über 10 Millionen digitale Neukunden in die Datenbank aufgenommen. Die oberste Schicht des «Digital Marketing Funnels» wurde perfektioniert.
Kundenloyalität: Starbucks for Life!
Starbucks Philosophie ist einfach: Kundenloyalität muss belohnt werden – mit einzigartigen Angeboten und Erlebnissen. Mit lukrativen E-Mail-Kampagnen, welche darauf ausgerichtet sind, Kunden*innen in die Welt von Starbucks Rewards zu locken, können Kunden*innen von einzigartigen Vorteilen profitieren.
Als Beispiel: In der Anzeige heisst es: «Starbucks Rewards-Members, welche die App verwenden, erhalten einen Gutschein für ein kostenloses Getränk. Einlösbar vom 27.7 bis zum 30.7. Melden Sie sich für Starbucks Rewards an, um das Angebot sofort zu erhalten.»
Starbucks verlangt durch diese Marketingaktivität eine Reihe Aktionen von seinen Kunden*innen:
- Werden Sie «Starbucks Rewards-Member»
- Nutzen Sie die App, um von weiteren Vorteilen zu profitieren: Click-and-Collect aber auch kostenloses Geburtstags-Getränk
- Zeitgebundenes Angebot: «Melden Sie sich bis am 30.7 an».
Starbucks schafft ein ganzheitliches Erlebnis für seine Kunden*innen, an denen sie in regelmässigen Abständen teilnehmen können. Ein weiteres Beispiel ist die «Starbucks for Life» -Aktion. Rewards-Member können durch den Kauf bestimmter Artikel sogenannte «game pieces» sammeln, um mehr als 2.5 Millionen Preise zu gewinnen.
Die Power der Point-of-Sales
Die Vorgehensweise von Starbucks ist einfach. Mit über 28’000 Point-of-Sales und mit einer Besucher-Kundengruppe von 75 Millionen monatlich setzt Starbucks diesen Touchpoint zu seinem entscheidenden Vorteil ein. Hierbei spielt das E-Mail-Marketing-Channel eine signifikante Rolle – Starbucks nutzt vorhandene sowie neu gewonnen E-Mail-Adressen, um die Kundenbindung sowie die Kaufhäufigkeit zu erhöhen. Starbucks arbeitet mit wiederkehrenden Vorzeigeangeboten.
Beispiel «Happy Hour»: In der E-Mail-Anzeige versendet Starbucks eine Promotion für eine bestimmte Produktkategorie. Die Promotion ist auch hier zeitlich begrenzt und läuft oft noch am selben Tag ab.
Ziel dabei ist es, digital registrierte (Neu-) Kunden in die Point-of-Sales zu locken, und dies ausserhalb der Hauptgeschäftszeiten. Das Angebot fokussiert auf Premium-Produkte, um sogenannte SKUs (Stock Keeping Unit) aktiv zu vertreiben. Bezahlt wird per App. Keine Wartezeiten. Click-and-Collect.
Die Sterne zählen
«Make every sip more rewarding». Mit jedem Einkauf sammeln Kunden*innen Sterne und erhalten mehrere, individualisierte sowie mehrstufige Angebote für den Kauf bestimmter Starbucks Produkte. Starbucks geht auch hier noch einen Schritt weiter: Mit einer Abstufung der gesammelten Sterne schalten Kunden*innen neue Funktionen frei:
- 25 Sterne: Passen Sie Ihr Getränk an
- 50 Sterne: Gebrühter heisser Kaffee, Gebäckstück oder heisser Tee
- 100 Sterne: Handgefertigtes Getränk, warmes Frühstück oder Parfait
- 200 Sterne: Mittagssandwich, Proteinbox oder Salat
- 400 Sterne: Ausgewählte Waren oder Kaffee für Zuhause
Customer Experience als Erfolgsfaktor
Starbucks legt grossen Wert auf ein individuelles Kundenerlebnis: von der App bis hin zu den Baristas. Mit dem Einsatz der richtigen Marketing-Channels konnte Starbucks nicht nur Marketingeffizienz um das 10-fache erhöhen, sondern auch den Umsatz pro Angebot um das 3-fache steigern. Dieser Erfolg basiert auf eine kontinuierliche Transformation, welche mit einem Treuprogramm per Lochkarte begann und heute per App, Kunden*innen eine individualisierte Customer Experience bietet. Laut einem Artikel von Formation sind über 58 Prozent aller Kunden*innen loyaler gegenüber der Marke als noch vor fünf Jahren. Über 63 Prozent aller Befragten nahmen an einer oder mehreren Promotionen des Treuprogramms teil; seit April 2019 haben Mitglieder*innen allein aus der USA über 175 Millionen kostenlose Prämien, von Kaffee bis zu Nahrungsmitteln, mit Sternen eingelöst. Die neue Spotify-Integration ist eine weitere beeindruckende Massnahme entlang der Omnichannel-Strategie. Kunden*innen können herausfinden, welche Songs in einem bestimmten Point-of-Sale gespielt werden, und diese zu den persönlichen Wiedergabelisten hinzufügen.
Inspirierend was Omnichannel Marketing 2021 alles kann. Nicht?
Wie wird Omnichannel Marketing in Zukunft aussehen? Welche Trends werden das E-Commerce dominieren? Eine mögliche Antwort finden wir im Reich der Mitte. China.
China-Hype oder Zukunftstrend des E-Commerce?
Man stelle sich vor, 15’000 Lippenstifte in nur fünf Minuten zu verkaufen. Oder 50 Millionen Zuschauer*innen, wenn Chinas Steve Jobs Smartphones vertickt. 128 Millionen Euro Umsatz mit nur zwei Shows an einem Tag. Fiction? Nein! Das ist die Dimension des Liveshoppings in China.
Alibaba. Wer den sonst. 2016 hat der chinesische Gigant Alibaba die Funktion des Livestreams über Tmall und Taobao implementiert. Vier Jahre später ist der generierte Umsatz bis Ende 2020 auf 1.05 Billionen Renminbi, sprich 140 Milliarden Schweizer Franken schwer. Wie ist das möglich? Zu einem geniessen viele Chinesen die Mischung aus Teleshopping und Tupperparty im Livestream. Zum anderen hat Jack Ma wieder einmal mehr seine Finger im Spiel. Mit seinem erfundenen Singles’s day – in China Double 11 genannt – wurde mittels Livestream-Channels (28 Stück) ein Umsatz von 68.91 Milliarden Schweizer Franken erwirtschaftet. Während dieser Trend insbesondere durch die Generation Z und Millennials vorangetrieben wird, springen immer mehr Chinesen der Generation Babyboomer, Generation X und Y mit auf. Die quantitativen Fakten sind imposant. Kolossal. Ob sich der Trend auch in der EU durchsetzen wird, ist allerdings noch unklar. Die Zukunft wird es zeigen. Celebrities wie Kim Kardashian oder Basketball-Legende Magic Johnson haben bereits den Schritt gewagt. Ob das bereits ein Indiz ist? Wir werden es sehen.
Quellen:
Eminded.de (https://eminded.de/magazin/online-marketing-vs-digital-marketing-der-feine-unterschied/)
Formation.ai (https://formation.ai/blog/how-starbucks-became-1-in-customer-loyalty/)
Hubspot.net (https://cdn2.hubspot.net/hubfs/4784080/Files/Website%20PDFs/DE/WhitePaper/commercetools-WhitePaper-Omnichannels(DE).pdf)
Meltwater.com (https://www.meltwater.com/de/blog/omnichannel-marketing)
Moengage.com (https://www.moengage.com/blog/omnichannel-marketing/)
Omr.com (https://omr.com/de/livestream-shopping-china/)
Starbucks.com (https://stories.starbucks.com/emea/stories/2020/introducing-the-new-starbucks-rewards/)