Warum es sich lohnt den Kundenwert 2020 zu kennen von Christoph Chischè
«Das ist ein sehr guter Kunde» oder «das ist einer unserer besten Kunden». Typische Aussagen, welche tagtäglich in Unternehmen zu hören sind. Aber ist dieser Kunde so gut oder so wichtig wie es sich der Verkäufer vorstellt? Auf welchen Kriterien stützen sich solche Aussagen? Während mancher Kunde ein profitabler Umsatzmotor ist, geben sich andere Kunden mit gelegentlichen Käufen zufrieden. Kundenwert 2020 ist ein zentrales Fundament für eine kundenorientierte Unternehmensführung. Kundenwertmodelle helfen Unternehmen dabei, die attraktiven von den weniger attraktiven Kunden zu unterscheiden und geben ein wichtiges Indiz, bei welchen Kunden sich ein erhöhter Arbeitsaufwand lohnt. Mithilfe solcher wertvollen Informationen können Kosten für Marketing und Vertrieb nachhaltig und ertragsbringend eingesetzt und partnerschaftliche Kundenbeziehungen aufgebaut werden.
Doch welches Kundenwert-Modell passt am besten zu meinen Unternehmen? Um diese Frage zu beantworten, gilt es, mehrere Faktoren zu berücksichtigen. In erster Linie erfolgt die Bestimmung des Kundenwerts auf den vorhandenen Kundenstammdaten. Um den Wert des Kunden zu berechnen, ist die Qualität der Kundendaten und Kennzahlen immens wichtig. CRM-Systeme können hierbei einen wichtigen Beitrag leisten – die Bereitstellung der entsprechenden Datenqualität bleibt aber eine wichtige Aufgabe von Vertrieb und Marketing. Es gibt mehrere Arten, um den Kundenwert 2020 zu messen, welche im Folgenden kurz beleuchtet werden.
Eindimensionale Kundenwertanalyse:
Bei der eindimensionalen Kundenwertanalyse werden Kunden nach nur einem Kriterium unterteilt. Typischerweise handelt es sich hierbei um den Umsatz oder den Deckungsbeitrag. Diese Kriterien spiegeln meist die Vergangenheit oder den IST-Zustand wider. Eindimensionale Kundenwertanalysen sind in der Regel einfach im Handling und bieten eine enorme Steigerung hinsichtlich der Transparenz im Kundenstamm.
Mehrdimensionale Kundenwertanalyse:
Die mehrdimensionale Kundenwertanalyse kombiniert mehrere Kriterien. Die Perspektive ist hier in die Zukunft gerichtet. Die Kombination aus quantitativen und qualitativen Daten hilft dabei, Kundensegmente zu bilden, um darauf basierend eine massgeschneiderte Marktbearbeitung festzulegen. Solche Erkenntnisse ermöglichen es mittelfristig, dass sich Unternehmen dank einer optimalen Marktbearbeitung einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Methoden der Kundenbewertung
ABC-Analyse:
Die populärste Methode in der Praxis zur Bestimmung des Kundenwerts ist die ABC-Analyse. Das Verfahren hierarchisiert Kunden hinsichtlich der Wichtigkeit und der Abhängigkeit für ein Unternehmen. Kunden der Kategorie A – welche typischerweise 80% des Umsatzes ausmachen sind für Unternehmen von existentieller Bedeutung und haben dies zufolge einen grossen Kundenwert 2020. Kunden der Kategorie C haben eine geringere Bedeutung für ein Unternehmen. Die ABC-Analyse stützt sich auf exakt berechenbare Zahlenwerte wie den Umsatz oder den Deckungsbeitrag. Für die Einteilung der Kunden eignet sich besonders das Pareto-Prinzip. Grafisch kann die Verteilung anhand der Lorenzkurve erfolgen. Die Steigung der Kurve zeigt das Ausmass der Umsatzkonzentration.
Pro:
- Einfache und schnelle Anwendbarkeit
- Übersichtliche und grafische Darstellung der Ergebnisse möglich
- Reduzierung der Komplexität bei grossen Datenmengen
- Effiziente Zuteilung der Ressourcen
Contra:
- Ausblendung von Entwicklungspotenzialen, da nur der IST-Zustand widergespiegelt wird. Es braucht deswegen zusätzlich eine Identifikation und Beurteilung von potenziellen Kunden und Beeinflussern (wie z.B. Planer und Architekten in der Bauzulieferindustrie)
- Grobes Raster, Details innerhalb der Klassen werden ausgeblendet
Kundenerfolgsrechnung:
Eine weitere, oft in der Praxis verwendete Methode den Wert eines Kunden für ein Unternehmen zu bestimmen, ist die Kundenerfolgsrechnung. In der Kundenerfolgsrechnung wird der Beitrag eines einzelnen Kunden zum Unternehmensergebnis gemessen und auf diesem Weg seine Profitabilität ermittelt. Das detaillierte Erfassen der Kosten einer Kundenbeziehung spielt bei dieser Methode eine entscheidende Rolle. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Kosten dem Kunden zugeordnet werden können. Folglich werden die Kosten dem Umsatz abgezogen, um den Deckungsbeitrag des Kunden zu erhalten.
Pro:
- Höchste Transparenz bzgl. finanziellem Kundenwert
- Klare Entscheidungsgrundlage für strategische Entscheide
Contra:
- Relativ aufwändige Methode, die neben der Mitarbeiterdisziplin auch den Einsatz von geeigneten ERP- und CRM-Systemen bedingt
- Analog zur ABC-Analyse muss auch bei der Kundenerfolgsrechnung eine passende Systematik für potenzielle Kunden und Beeinflusser entwickelt werden
Scoring-Modelle (Nutzwertanalyse):
Die Nutzwertanalyse ist eine transparente Methode den Wert bzw. die Priorität eines Kunden, anhand von qualitativer und quantitativer Beurteilungsparameter zu bestimmen. Zu den quantitativen Kriterien, welche bei der Nutzwertanalyse zum Einsatz kommen zählen unter anderem der Kundenumsatz, der Kundendeckungsbeitrag oder das Kundenpotenzial. Das Entwicklungspotenzial, das Weiterempfehlungspotenzial, die Kundenzufriedenheit oder das Kooperationspotenzial stellen Beispiele für qualitative Parameter dar. Jedes Kriterium wird in einer Bewertungsskala hinterlegt und anschliessend mit einem Gewichtsfaktor versehen. Der Gesamt-Score wird durch Addieren der Punkte ermittelt. Je höher die Gesamtpunktzahl eines Kunden ausfällt, desto grösser ist dessen Wert für Ihr Unternehmen.
Pro:
- Individuelle Auswahl und Gewichtung der Bewertungskriterien
- Mehrdimensionale Abbildung des Kundenwerts
- Hohe Einsetzbarkeit und flexible Anpassungsfähigkeit – gerade auch für Beeinflusser und weitere, in Vertrieb und Marketing relevanten Stakeholdern
Contra:
- Sehr subjektiv bezüglich der Gewichtung und der relevanten Kriterien – die Erarbeitung von klaren, möglichst quantifizierbaren Kriterien ist unabdingbar
- Analyse ist zeit- und arbeitsintensiv – eine Unterstützung seitens Innendienst, Marketing und Finanzen ist zu empfehlen
- Nur bedingt anwendbar für grossen Kundenstamm – denkbar ist die Anwendung des Scoring-Modells nur für A-Kunden und besonders wichtige Potenzialkunden
Customer Lifetime Value:
Soll der Investitionsaspekt und Lebenszyklus der Kunden bei der Kundenbewertung im Vordergrund stehen, so bieten sich Customer Lifetime Value Modelle (CLV-Modelle) an. Der Customer Lifetime Value (CLV) beschreibt den Deckungsbeitrag, den ein Kunde während eines gesamten «Kundenlebens» realisiert, diskontiert. Mithilfe des Customer Lifetime Value lassen sich daher profitable von unprofitablen Kunden unterscheiden. Diese Erkenntnis ist besonders bei der Budgetplanung, für die Kundenakquise, das Kundenmanagement und das Marketing sehr hilfreich. Der Customer Lifetime Value lässt sich mithilfe von verschiedenen Formeln und Modellen berechnen. Das klassische Modell richtet sich nach der Kapitalwertmethode. Bei dieser Methode wird unter anderem die erwartete Dauer der Kundenbeziehung, die kundenspezifischen Marketing- und Vertriebsaufwendungen oder die Abnahmeprogrosse berücksichtigt.
Pro:
- Mehrdimensionale Abbildung des Kundenwerts
- Einschätzung zukünftiger Wert des Kunden
- Genauere Kalkulation von Kosten und Budgets
Contra:
- Berechnung basiert auf Schätzungen
- Aufwändige und komplexe Methode
Kundenportfolioanalyse:
Eine Weiterentwicklung des Kunden-Scorings stellen Kundenportfolios dar. Entwickelt wurde die Portfolioanalyse ursprünglich von der Boston Consulting Group (BCG) und diente der strategischen Geschäftsbereichsplanung. Die Darstellung eines Kundenportfolios beim BCG-Modell hat dabei zwei Dimensionen, die zum einen die Anbieterposition des Unternehmens bei einem Kunden und zum anderen die Attraktivität der Kunden abbilden. Nach einer detaillierten Bewertung der einzelnen Kriterien, ergeben sich vier Kundenkategorien, die Starkunden, die Fragezeichenkunden, die Ertragskunden und die Mitnahmekunden, welche in einer 4-Felder Matrix dargestellt werden. Die gewonnen Erkenntnisse liefern Anhaltspunkte zur weiteren Kundenplanung.
Pro:
- Hoher Kommunikationswert durch Veranschaulichung der Matrix
- Flexible Anwendungsmöglichkeiten
Contra:
- Unübersichtlich bei grossem Kundenportfolio
- Verhältnismässig grosser Aufwand
Fazit:
Aus meiner Sicht ist das Kundenwertmanagement für Unternehmen von grosser Bedeutung, um Ressourcen für Vertrieb und Marketing profitabel einzusetzen und nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen. Welche Methode zur Bestimmung des Kundenwert 2020 zum Einsatz kommt, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Jede Methode hat seine Stärken und Schwächen. Die einen bieten auf einfache Art und Weise eine enorme Steigerung hinsichtlich der Transparenz im Kundenstamm, die anderen sind aufwendiger, liefern jedoch unter Umständen umfassendere Ergebnisse. Eine gute Qualität der Kundendaten und Kennzahlen sind die jedoch die Grundvoraussetzung, um mit der gewählten Methode den Kundenstamm zielführend zu analysieren.
- Je mehr sich ein Unternehmen mit Kundenwertmanagement befasst, umso erfolgreicher ist es.
- Kundenwertmodelle helfen dabei, die attraktiven von den weniger attraktiven Kunden zu unterscheiden.
- Die Bestimmung des Kundenwerts, hilft Kosten für Marketing und Vertrieb ertragsbringender einzusetzen und nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen.
Weitere Artikel zum Thema Kundenwert:
Quellen:
- P. Koller / HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich, Unterricht zum Thema Kundenwert
- G. Nufer / M. Graf: Kundenbewertung; Hochschule Reutlingen
- S. Reinecke / J. Keller: Strategisches Kundenwertcontrolling
- B. Scheed / P. Scherer: Strategisches Vertriebsmanagement
- E. O’Leary: Customer Lifetime Value (CLV): So berechnen Sie den Kundenwert
- https://www.salesforce.com/de/blog/2017/10/fuer-mehr-umsatz–wie-sie-den-kundenwert-messen-und-steigern.html
- https://wiki.hslu.ch/controlling/Nutzwertanalyse