Vertriebsanalyse von Julian Haag.
Im Vertrieb gibt es grosse Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Mitarbeiter/innen. Unabhängig von der verwendeten Kennzahl übertreffen die besten 30% der Mitarbeiter/innen die schlechtesten 30% um das Vierfache1. Diese Lücke zu schliessen, indem man den schwächeren Mitarbeiter/innen hilft, mehr wie die Stärkeren zu arbeiten, ist ein sicherer Weg zu zusätzlichem Umsatzwachstum. Wie können wir leistungsschwache Mitarbeiter/innen schrittweise zu leistungsstarken Mitarbeiter/innen entwickeln? Wir müssen herausfinden, was die leistungsstarken Vertriebsmitarbeiter/innen bereits heute besser machen, und diese Arbeitsweisen auf die schwächeren Mitarbeiter/innen übertragen2.
- High Performer/innen verbringen 22% mehr Zeit mit ihren Kunden/innen – und die Kunden/innen ziehen es häufig vor, dass der Besuch nicht vor Ort stattfindet.
Top-Vertriebsmitarbeiter/innen verbringen genauso viel Zeit mit unattraktiven Aufgaben wie Low-Performer, aber sie verbringen mehr Zeit mit Kunden/innen, sei es per E-Mail, Telefon oder persönlich. Aber wie viel mehr? Die meisten Vertriebsorganisationen quantifizieren diesen Mehraufwand nicht, aber er kann Manager/innen einen klaren Hinweis darauf geben, wie leistungsschwache Vertriebsmitarbeiter/innen ihr Verhalten anpassen sollten.
Die Vertriebsanalyse ergab, dass Top-Vertriebsmitarbeiter/innen 22% mehr Zeit für externe Interaktionen aufwenden als leistungsschwache Mitarbeiter/innen, wobei die Interaktionen nicht einmal persönlich sein müssen. Jüngste Vertriebsanalysen zeigen, dass seit COVID-19 70-80% der B2B-Kunden die Interaktion aus der Ferne bevorzugen. Manager/innen können die Gewohnheit, mehr Kundenkontakte zu pflegen, auch dadurch fördern, dass sie die administrativen und internen Aufgaben, für die alle Vertreter/innen zuständig sind, auf ein Minimum reduzieren.
1 ohne Vertriebsmitarbeiter/innen mit einer Betriebszugehörigkeit von weniger als einem Jahr; leistungsstarke Vertriebsmitarbeiter/innen sind die 30% der Vertreter/innen innerhalb eines Teams, die den höchsten Gesamtumsatz erzielen; Vertriebsmitarbeiter/innen mit geringer Leistung sind die 30% der Vertreter/innen innerhalb eines Teams, die den niedrigsten Gesamtumsatz erzielen
2 Revenue-Intelligence-Plattform von people.ai2 genutzt, um 40.000 Geschäfte zu bewerten und die Interaktionen von 315 Vertriebsmitarbeiter/innen in fünf Unternehmen in Europa und Nordamerika zu analysieren. Weitere Daten stammen aus der Omnichannel Sales Insights Survey von McKinsey vom 1. August 2019, bei der mehr als 1.000 B2B-Einkäufer/innen aus einer Vielzahl von Branchen zu ihren Präferenzen bei der Interaktion mit Verkäufer/innen vor COVID-19 befragt wurden, sowie Daten aus der aktuellen McKinsey B2B Customer Sentiment Survey, die Erkenntnisse seit Beginn der COVID-19-Pandemie enthält.
Quelle: https://www.mckinsey.com/capabilities/growth-marketing-and-sales/our-insights/how-data-analytics-helps-sales-reps-win-more-deals
1. Persönliche Interaktionen sind für den Abschluss von kleinen und grossen Geschäften nicht wichtig.
Die persönliche Interaktion mit dem Kunden/innen war lange Zeit der Goldstandard für den Verkauf, und man ging davon aus, dass dies auch dann gilt, wenn grosse Geldbeträge den Besitzer wechseln. Die Kunden/innen wollen oft das Gefühl des Vertrauens spüren, das sich bei persönlichen Kontakten entwickelt. Doch für eine Reihe von Geschäften ist ein persönliches Treffen möglicherweise gar nicht erforderlich. Bei fünf untersuchten Unternehmen wurden 90% der kleinen Geschäfte (unter 100.000 US-Dollar) ohne Treffen abgeschlossen. Etwa 50% der kleinen Geschäfte und 12% der grossen Geschäfte wurden mit weniger als zehn E-Mails abgeschlossen. Die jüngste Vertriebsanalyse des Vertriebsverhaltens während der COVID-19 zeigt ausserdem, dass 12% der Unternehmen Geschäfte zwischen 500.000 und 1 Million US-Dollar ohne persönliche Gespräche abschliessen können, während 15% der Unternehmen dies bei Geschäften mit einem Wert von mehr als 1 Million US-Dollar so sehen.
Dies ist eine wichtige Erkenntnis für die Vertriebseffizienz. Vertriebsmitarbeiter/innen sollten nicht unnötig Zeit und Energie auf kleinere Geschäfte verwenden. Unternehmen mit einer Reihe von Geschäftsabschlüssen sollten darauf achten, dass ihre Vertriebsmitarbeiter/innen ihre Interaktionen differenzieren. Unternehmen mit vielen kleinen Geschäften sollten sich darauf konzentrieren, spezialisierte, gut ausgebildete Teams von Innendienstmitarbeiter/innen aufzubauen, die E-Mails verschicken und Anrufe tätigen.
2. Top-Performer/innen bevorzugen Anrufe gegenüber Kaltakquise per E-Mails, und Video entwickelt sich zu einem Top-Kanal
Bei den 40.000 untersuchten Geschäftsabschlüssen waren altmodische Telefonanrufe die beste Methode, um Aufmerksamkeit zu erregen. Vor allem in Nordamerika verliessen sich die Top-Performer/innen mehr auf Cold Calls als auf unaufgeforderte E-Mails. Sie führten 82% mehr Kaltakquisen durch als die Low-Performer/innen und verschickten 26% weniger unaufgeforderte E-Mails. In Europa war der Unterschied etwas geringer: High Performer führten 16% mehr Cold Calls durch als Low Performer und verschickten 18% weniger unerwünschte E-Mails. Die Vertriebsanalyse zeigt, dass Video zunehmend zu einem wichtigen Kanal für die Kundenansprache wird.
Denkwerkstatt Sales Excellence
Seit COVID-19 den Bedarf an Ferninteraktion erhöht hat, ist die Bedeutung von Video als Mittel zur Kundenansprache sprunghaft angestiegen. Digitale Interaktionen mit Vertriebsmitarbeiter/innen haben seit Beginn der Pandemie um 41% zugenommen, Online-Chats um 21%. Aus einer neuen Studie geht hervor, dass 76% der Vertriebsleiter/innen der Ansicht sind, dass Fernvertriebsinteraktionen bei der Gewinnung neuer Kunden genauso effektiv oder sogar effektiver sind als herkömmliche persönliche Kontakte.
Wenn Vertriebsleiter/innen den Wert von Telefon- und Videogesprächen verstehen, können sie ihre Mitarbeiter/innen darin schulen, diese besser zu nutzen. Unternehmen können spezielle Schulungen für die Kaltakquise entwickeln, z.B. Skripte oder Gesprächsleitfäden, und sich auf die Einstellung von Mitarbeiter/innen konzentrieren, die sich am Telefon wohl fühlen.
Anwendung des Themas auf ein fiktives Unternehmen
Vertriebsanalyse der Bedürfnisse der rund 7’000 Kunden/innen, aufgeteilt auf die drei Segmente Personalverpflegung, Gastronomie und Gesundheitsunternehmen, variieren stark. Da wir uns oft in Bereichen bewegen, in denen die Kunden/innen selbst etwas zurückhaltender mit den neuen Kommunikationsmitteln umgehen, ist es umso wichtiger, dass die Verkaufsmitarbeitenden den Kunden/innen den Mehrwert aufzeigen können. Wie kann die Firma AG von dieser Entwicklung profitieren und was kann sie von den High Performer/innen lernen und in den Geschäftsalltag integrieren?
Zeitmanagement und Umgang mit den Kunden/innen:
Unattraktive Aufgaben oder Routinetätigkeiten sind auf ein Minimum zu reduzieren. Die Vertriebsmitarbeiter/innen müssen so viel Zeit wie möglich mit den Kunden/innen verbringen. Sei es vor Ort oder aus der Ferne. Dazu müssen natürlich die Rahmenbedingungen für alle Mitarbeiter/innen stimmen. Die Vertriebsmitarbeiter/innen müssen sich im Umgang mit den zur Verfügung stehenden Tools wie Team Call etc. sicher fühlen. Dies kann durch gezielte Schulungen geschehen oder dadurch, dass die Tools noch häufiger im Arbeitsalltag eingesetzt werden.
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Differenzierung der Interaktionen:
Jeder Kunde/in ist anders und hat andere Bedürfnisse, nicht jedes Treffen muss persönlich sein. Dies kann bereits bei der Terminvereinbarung als Fixpunkt angesprochen werden. Bei uns als Grossunternehmen müssen gewisse Kunden/innen zukünftig vermehrt über effiziente Kommunikationsmittel wie E-Mail oder Telefon betreut werden. Es besteht auch die Möglichkeit, im Vertriebsinnendienst ein spezialisiertes Team für Kleinstkunden aufzubauen, das diese Kundenanfragen effizient und gewinnbringend bearbeiten kann. Eine Vertriebsanalyse könnte helfen, diese Differenzierung optimal umzusetzen.
Kommunikationskanäle optimieren:
Die Studie zeigt deutlich, dass Telefonanrufe bei Akquiseversuchen erfolgreicher sind als E-Mails. Zukünftig sollten die Vertriebsmitarbeiter nur noch Telefonate zur Akquise führen. Dies muss durch Schulungen der jeweiligen Vertriebsmitarbeiter/innen unterstützt werden. Zusätzlich können Gesprächsleitfäden für die Kaltakquise erstellt werden, die den jeweiligen Vertriebsmitarbeiter/innen als Unterstützung dienen. Eine Vertriebsanalyse der bisherigen Kommunikationsstrategien kann hier wertvolle Erkenntnisse liefern.
Anpassung an Remote-Arbeit:
Der zunehmenden Bedeutung von Video als Kommunikationsmedium ist zu berücksichtigen. Die Beschäftigten müssen entsprechend geschult werden. Die Mitarbeiter/innen benötigen einen einfachen Zugang zu den Technologien, die für eine effektive Telearbeit notwendig sind. Ausserdem müssen die Vertriebsunterlagen entsprechend weiterentwickelt und an diese Arbeitsweise angepasst werden.