Value Proposition von Intermediären von Franco Iseppi.
- Vorstellung Value Proposition
Value Proposition bezeichnet das Wertversprechen an den Kunden bzw. den Nutzen für den Kunden. Hiervon ableitend drängt sich die Frage auf, was die Kunden bereit sind für diesen Nutzen, sei es in Form von Produkten oder Dienstleistungen zu bezahlen.
Der heute als Business-Theoretiker, Autor, Berater und Unternehmer aktive Schweizer Alexander Osterwalder erkannte die Wichtigkeit des Wertangebots beziehungsweise Nutzenversprechens (engl.: Value Proposition) und konzipierte im 2004 das Business Model Canvas (kurz BMC) im Rahmen seiner Dissertation an der Universität Lausanne. Aus gutem Grund steht die Value Proposition beim BMC direkt in der Mitte. Aber was bedeutet das? Um diese Frage zu beantworten, holen wir etwas weiter aus und gehen zuerst auf das BMC ein, bevor wir uns dem Thema Value Proposition widmen.
Bei der Entwicklung oder Überarbeitung eines Geschäftsmodells wurde in der Vergangenheit ein umfangreicher Businessplan geschrieben. Heutzutage arbeiten Unternehmungen vermehrt mit dem Business Model Canvas. Im Vergleich zum Businessplan hat man mit dem BMC all die relevanten Information auf einem Blick vor sich. Das BMC hat den Anspruch, eine sehr übersichtliche und kompakte Möglichkeit zur Beschreibung, Visualisierung, Bewertung und Veränderung von Geschäftsmodellen zu bieten.
Das BMC ist ein Werkzeug, um eine Strategie zu analysieren und dadurch beispielsweise :
– das eigene Wertangebot weiter auszubauen,
– die aktuelle Unternehmenslage besser zu verstehen (SWOT-Analyse erstellen),
– neue Geschäftsmodellinnovationen zu finden,
– neue Ideen für Businesskonzepte zu analysieren,
– neue Einnahmequellen zu entdecken oder allenfalls bestehende Kosten zu reduzieren.
Ganz kompakt gibt das Business Modell Canvas einen Überblick zu neun Perspektiven und soll die nachfolgenden drei Fragen beantworten:
- Was habe ich vor?
- Was biete ich wem an?
- Wie verdiene ich damit Geld?
Quelle: Steffen, A. (2019). Menschen und Organisationen im Wandel: Ein interdisziplinärer Werkzeugkasten für Veränderungsprozesse. Springer Gabler Berlin / Heidelberg. Kapitel 11
Perspektiven
- Wertangebot: Was genau möchte ich anbieten und welchen Nutzen (auch im Vergleich zu Mitbewerbern im Mark) hat mein Angebot?
- Aktivitäten Welche Arbeiten und Aufgaben werden ausgeführt?
- Ressourcen: Was wird dafür benötigt und eingesetzt?
- Partner: Welche Kooperationspartner unterstützen mich dabei?
- Kundenbeziehung: Wie findet die Interaktion mit meinen Kunden statt?
- Kanäle: Auf welchem Weg finden Kunden zu meinem Wertangebot?
- Kundensegmente: Wer genau sind meine Käufer und Nutzer?
- Kostenstruktur: Wie setzen sich die Herstellungskosten zusammen?
- Einnahmequellen: Woher stammen meine Einnahmen?
Nachdem wir nun das BMC genauer unter die Lupe genommen haben, vertiefen wir uns nunmehr mit dem Wertangebot beziehungsweise Nutzenversprechen (Value Proposition).
Das Angebot ist der elementare Kern eines Geschäftsmodells, womit Alexander Osterwalder auch bei der Mitentwicklung des Value Proposition Canvas tätig war. Hierbei geht es darum die zwei Sichtweisen (Kundensicht und Eigensicht) zu vereinen. Als Anbieter muss man die Bedürfnisse der Kunden (oder ggf. auch von Partnern) kennen und verstehen, um einen Mehrwert erbringen zu können. Vorab gilt es demnach die Kunden zu segmentieren, da jedes Kundensegment möglicherweise ein eigenes Value Proposition Canvas hat.
Zusammenfassend, wenn wir auf die folgenden Fragen verlässliche Antworten haben, können wir unseren mehrwertbringenden Beitrag leisten, indem wir das daraus resultierende Nutzenversprechen erarbeiten.
Was sind die Ziele, Aufgaben und Bedürfnisse der Kunden? Sind es funktionale Aufgaben (beispielsweise eine bestimmte Arbeit zu erledigen), soziale Ziele (Wahrnehmung durch andere) oder emotionale Aspekte (zum Beispiel Ruhe, Sicherheit, Freiheit)?
- Wachstum (engl. Gains)
Worin bestehen die „Mehr-Wünsche“ der Kunden?
Wovon möchten die Kunden zukünftig mehr haben und erleben? (Wachstum, Nutzenerwartungen, erhoffte Vorteile, Erträge & Mehrwerte)
- Schmerzen (engl. Pains)
Was sind die „Weniger-Erwartungen“ der Kunden?
Welche Probleme und Risiken sollen reduziert und welche Hindernisse aus der Welt geschaffen werden?
Resultierende Ableitung für das Wertangebot beziehungsweise Nutzenversprechen (Value Proposition) an die Kunden:
Produkte & Dienstleistungen
Welche meiner Aktivitäten und Angebote können den Kunden helfen?
- Wachstumsuntestützung (engl. Gain Creators)
Wie kann die positive Entwicklung der Kunden unterstützt werden?
- Schmerzreduzierung (engl. Pain Relievers)
Wodurch können die Probleme und Risiken der Kunden reduziert werden?
Denkwerkstatt Sales Excellence
2. Anwendung auf eine fiktive Organisation
Nehmen wir an, Sie arbeiten für einen Intermediär. Unabhängig davon, in welcher Branche sich dieser befindet, so agiert ein Intermediär immer als Zwischenglied (eine Art Schnittstelle oder Absatzmittler) zwischen zwei oder mehreren Parteien. In unserem fiktiven Bespiel agiert der Intermediär zwischen externen Geschäftsparteien, beispielsweise Produkteherstellern und Endkunden.
Schnell wird anhand des Beispiels verdeutlicht, dass eine Kundensegmentierung notwendig ist, da einige Ziele und Bedürfnisse der beiden Kundengruppen korrelieren, andere je nach Zielgruppe isoliert zu betrachten sind. Die Value Proposition je Kundegruppe kann somit unterschiedlich ausfallen.
Beziehung Produktehersteller – Intermediär
Ziele und Bedürfnisse der Produktehersteller, wo ein Intermediär mit einer ausgereiften Value Proposition unterstützen kann:
Wachstum (engl. Gains)
– Grosser Absatzmarkt
– Umsatzsteigerung
– Wiederkehrende Aufträge
– usw.
Schmerzen (engl. Pains)
– Zentrale Anlaufstelle statt diverser Gegenparteien
– Logistische und administrative Aufwand verringern
– Kostensenkung
– usw.
Erwartung des Intermediären an die Produktehersteller
– Lieferengpässe vermeiden, um Lagerkosten tief zu halten
– Gewinnbringende Marge je Produkt
– Produktequalität – Garantie
– usw.
Demgegenüber stehen die Erwartungen, Bedürfnisse und Ziele der Endkunden an den Intermediär.
Podcast SalesX & Innovation
Beziehung Endkunden – Intermediär
Ziele und Bedürfnisse der Endkunden, wo ein Intermediär unterstützen kann:
Wachstum (engl. Gains)
– faire Preise
Schmerzen (engl. Pains)
– Grosse Auswahl an Produkten anstelle des Einzelhandels
– Bestellung von kleinen Absatzmengen
– Schnelle Lieferung und einfache Administration inkl. Zahlung
– Qualitativ ansprechende Produkte zu fairen Preisen
– Rückgaberecht und Garantie
– usw.
Erwartung des Intermediären an die Endkunden
– Schnelle Zahlung
– Wiederkehrende Aufträge
– Gewinnung von Kundendaten
– Positive Bewertungen (Weiterempfehlungen)
– usw.
Abschliessend zeigt dieses fiktive Beispiel auf, dass es essenziell ist, die Ziele und Bedürfnisse der definierten Kundensegmente detailliert zu kennen, um die eigene Value Proposition stetig zu überprüfen, ggf. gar gänzlich zu hinterfragen, zu adjustieren oder wenn möglich zu erweitern. Die Value Proposition sollte man somit keinesfalls als gegeben betrachten. So lag der US-amerikanische Soulsänger Sam Cooke (1931–1964) mit seinem Song «A change is gonna come» wohl richtig. Veränderungen waren schon immer da und werden auch nie verschwinden. Die Value Proposition sollte demnach ebenfalls agile sein, damit man sich bestmöglich an einem neuen Umfeld anpassen und sich dem wachsenden Wettbewerb stellen kann.