Blog Beitrag von Jens Kindervatter.
Notwendigkeit von Sales Enablement gemäss aktuellen Studien
Die Komplexität und Dynamik heutiger Verkaufsprozesse stellen Vertriebsorganisationen aktuell vor grosse Herausforderungen. Studien von CSO Insights und Korn & Ferry zufolge erfüllen gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen die Erwartungen ihrer Kunden und verfehlen dabei als Konsequenz ihre Vertriebsziele. Als Antwort auf das Defizit hat sich daher mit Sales Enablement ein neuer Ansatz in der Vertriebspraxis und -wissenschaft entwickelt, der durch Integration von Technologie, Prozessen, Content und Menschen den Vertrieb zur erwartenden Performance führen soll. Die Zahl der am Kaufprozess beteiligten Personen steigt stetig. Kunden treffen Entscheidungen nicht mehr eindimensional am Ende von Verkaufsverhandlungen- vielmehr erwarten sie permanent während der gesamten Customer Journey eine Top Perfomance von ihren Lieferanten. Vertriebsorganisationen müssen somit in allen Phasen der Customer Journey ihren Kunden einen Mehrwert bieten.
Lösungsansatz anhand Erkenntnisse aus Vertriebswissenschaft
Um diesem Anspruch gerecht zu werden ist eine gesamtheitliche Betrachtung notwendig und weniger eine Optimierung von Einzelaspekten des Vertriebs. Es bedarf einer integrativen, strategischen Betrachtung derjenigen Vertriebsmethoden und -instrumente, die eine bestmögliche Vertriebsperformance sicherstellen können. Die Grundlage einer Sales Enablement Strategie ist es, für die Vertriebsmitarbeiter alle möglichen Voraussetzungen zu schaffen, damit sie erfolgreich performen können. Dabei beschränkt sich diese Sichtweise nicht nur auf die Vertriebsabteilung, sondern erstreckt sich auf alle mit dem Vertrieb in Verbindung stehenden Unternehmensfunktionen, insbesondere das Marketing.
Quelle: Sales Enablement als Fundament des Vertriebserfolgs; Jörg Westphal, Jobst Görne, Christian Schmitz (Hrsg.); Springer Gabler 2022 Artikel «Sales Enablement als Fundament des Vertriebserfolgs»,
Literaturhinweise CSO Insights (2017, 2018), Korn&Ferry (2021), Santucci (2010), Albro (2019), Matthew & Schenk (2018)
Sales Enablement begreift sich als strategische, funktionsübergreifende Disziplin und bezieht sich auf die konsistente Bereitstellung von Services für den Vertrieb, um die Performance zu verbessern: Content Services, Training Services und Coaching Services. Content Services: Versorgung der Vertriebsmitarbeiter mit den wichtigsten (Marketing-) Informationen über und für den Kunden. Trainings Services: Vermittlung von Wissen, Methoden und Fähigkeiten, die Vertriebsmitarbeiter in die Lage versetzen sollen, Kundschaft bestmöglich zu betreuen. Coaching Services: Verstärkendes Element bspw. Verhaltenscoaching, Coaching zu Kunden- & Gebietsmanagement, Sales Funnel Coaching sowie Lead-/Opportunity Coaching. Leitgedanke ist dabei, dass sich alle Services an der Customer Journey ausrichten.
Best-Practice Leitlinien bei der Implementierung
Bei der Implementierung eines Sales Enablement Ansatzes in der Organisation ist darauf zu achten, dass die Einführung durch einen professionellen Change-Management Prozess begleitet werden sollte. Die Verantwortung liegt beim C-Level, also der obersten Führungsebene, so dass die gesamte Organisation erreicht wird. Hierbei ist Sales Enablement die konsequente Fortführung des Customer Centricity Ansatzes und beleuchtet alle Facetten des Vertriebs von den Rahmenbedingungen und Prozessabläufen im Unternehmen bis hin zur praktischen Umsetzung – wie Organisation, Schulung und Bereitstellung von Tools für den Vertrieb. Sales Enablement erfordert eine andere Sicht des gesamten Business-Ansatzes mit der hervorgehobenen Rolle des Vertriebs und des Marketings. Die Implementierung ist kein einmaliges statisches Vorgehen, sondern erfordert eine permanente Adaption an die veränderten Rahmenbedingungen.
Denkwerkstatt Sales Excellence
Sales Enablement im Praxistest: mehr als Vertrieb und Marketing
Der Sales Enablement Ansatz ist seit fast 15 Jahren Teil der Vertriebspraxis und damit eine eher junge Disziplin. Ausgewiesene Sales Enablement Funktionen sind nur wenig in Unternehmen etabliert und ebenso wenig auf dem Arbeitsmarkt zu finden, welches damit einhergeht, dass eine Implementierung entweder gar nicht erfolgt ist und/oder nur rudimentär gelebt wird. Am Beispiel eines Produktionsunternehmens mittlerer Grösse lassen sich die Notwendigkeit von Sales Enablement sowie die Hürden bei der Implementierung erkennen; der Fokus hierbei ist auf der Bereitstellung von Content. Die Bedienung der Kunden in der genannten Branche ist noch sehr durch den persönlichen Kontakt geprägt, so dass von dem zuständigen Vertriebsmitarbeiter eine umfassende Betreuung erwartet wird. Eine durch den Kunden als wertvoll empfundene Beratung erfordert eine sehr hohe Fachkenntnis und Reaktionsschnelligkeit während für die gängigen Standard-Bestellungen der B2B Webshop zur Verfügung steht. Die Funktionen Marketing, Training Center und die Linienvorgesetzten des Vertriebs erbringen Content Services, Trainings Services und auch Coaching Services als Ergebnis ihrer «normalen» Tätigkeit und anhand der Ihnen vorliegenden Sachkenntnis, jedoch weniger im Sinne eines bewussten integrierten Prozesses. Das ein konsequenter Sales Enablement Ansatz zu einer Perfomance-Steigerung des Vertriebs führen würde zeigen beispielhaft die Erkenntnisse aus den letzten Jahren, in denen aufgrund der Störung der globalen Lieferketten und der Energieverteuerungen der normale Regelbetrieb des Unternehmens stark beeinflusst wurde. Es kam zu Materialengpässen, langen Lieferzeiten gegenüber Kunden oder Auftragsstornierungen. Ebenfalls wurde der Produktentwicklungszyklus massiv gestört, angekündigte Termine für Innovationen konnten nicht eingehalten werden. Diese ungewohnte Situation hat offenbart, dass der Informationsfluss im Unternehmen nicht prioritär Richtung Vertrieb gelenkt wird. Kunden hatten die Informationen zu Lieferverzögerungen durch automatisierte Prozesse vor Ihrem zuständigen Vertriebsmitarbeiter, welches die Kompetenz derselbigen stark in Frage stellt. Verschiebungen von angekündigten Produktlancierungen wurden nicht klar über Produkt Management und Marketing nach aussen kommuniziert, welches bei den Kunden zu Fragen führte, auf die der Vertrieb keine Antwort hatte. Die Notwendigkeit zu dem bereichsübergreifenden Informationsaustausch wurde durch das C-Level erkannt, Task-Force Meetings für den unmittelbaren Effekt ins Leben gerufen.
Podcast SalesX & Innovation
Ableiten von Massnahmen zur Etablierung des Sales Enablement Mind-set
Ungeachtet des Krisenmodus aufgrund externer Einflüsse ist sichtbar geworden: sämtliche kundenrelevanten Informationen müssen dem Vertrieb zugänglich gemacht werden- und dies entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens. Ereignisse, wie die Verschiebungen von angekündigten Produktlancierungen müssen kommunikativ professionell begleitet werden, um der Erwartungshaltung der Kunden proaktiv zu begegnen. Ein Mitdenken für den Vertrieb von Seiten Produktentwicklung, Beschaffung, Produktion und Marketing ist unerlässlich – dieser Mind-set ist auch im Normalbetrieb ein Mehrwert für den Kunden.
Zu einem integrierten Ansatz hat das Unternehmensbeispiel noch Verbesserungspotential wobei die dargestellten Erfahrungen ein wertvoller Wegweiser für alle Eventualitäten darstellt. Um die grössten Stellschrauben für eine effektive Implementierung des Sales Enablement zu identifizieren ist aus Sicht des Autors lohnenswert die Ausprägung der Client Centricity der dem Vertrieb vorgelagerten Abteilungen jeweils zu Evaluieren und ein klares Regelwerk zur effizienten Zusammenarbeit festzulegen. Im Fokus sollte hierbei die relevante und wertstiftende Information für den Kunden und die Etablierung eines kontinuierlichen Prozesses stehen. Quelle hierfür können vorhandene individuelle Kundenrückmeldungen oder Erkenntnisse aus Zufriedenheitsumfragen sein. Sofern diese noch validiert werden sollten, ist ein probater Weg die relevanten Kundengruppen direkt zu interviewen sowie eine repräsentative Erhebung durchzuführen.