Du betrachtest gerade Kundenwissen
Kundenwissen

Kundenwissen

Kundenwissen von Silvia Meyer.

 

Kundenwissen: Mit steigendem Kostendruck und Wettbewerb kommt dem kundenbezogenen Wissen eine immer grössere Bedeutung zu. Der Kundenwert lässt sich nicht nur durch ökonomische Faktoren, wie Umsatz oder Deckungsbeitrag bestimmen, sondern auch durch den Wert, welchen der Kunde als Informant hat, sprich seinem Potential Unternehmenswissen zu vergrössern und zu verbessern.  

 Wissen kann unabhängig von einer Markttransaktion, zum Beispiel durch Marktforschung gewonnen werden oder aber in Zusammenhang mit einem konkreten Geschäft, hierzu gehören Erkenntnisse zu bestimmten Gegebenheiten, Problemstellungen oder Lösungsansätzen. Dies beinhaltet aber nicht nur Wissen auf eine konkrete Leistungserbringung, sondern kann im besten Fall für wiederkehrende Geschäfte oder gar ganze Segmente nützlich sein.  

 Verfügbares Wissen ist einerseits die Basis für Entscheide in der Ausgestaltung des Leistungspotentials eines Unternehmens ohne konkrete Kundenbestellung, aufgrund dessen eine Leistungsbereitschaft erstellt und modifiziert wird. Andererseits wird das verfügbare Wissen zur Steuerung und Durchführung konkreter Leistungserstellungsprozesse verwendet. Gerade bei individuellen Problemlösungen reichen für den Leistungserstellungsprozess «interne Prozessinformationen» nicht aus. Der Leistungserstellungsprozess ist dadurch charakterisiert, dass durch einen intensiven Informationsaustausch mit dem Kunden Daten mit «externen Prozessinformationen» angereichert werden. 

Bei individuellen Problemlösungen ist das Leistungspotential nur ein Teilelement der Lösung. Der grosse andere Teil wird erst im gemeinsamen Leistungserstellungsprozess erarbeitet. Dies birgt für Nachfrager und Anbieter Unsicherheiten, da zum Zeitpunkt der Einigung nicht klar ist, wie gut das Leistungsversprechen umgesetzt werden kann. Es ist davon auszugehen, dass jede Seite hinsichtlich des eigenen Inputs besser informiert ist als die Gegenseite. Aus diesen Unsicherheiten entsteht opportunistisches Verhalten von beiden Parteien. Diese Ungewissheiten können durch Screening- (suchen nach geeigneten Informationen) und Signaling-Aktivitäten (Aktivitäten zur Wissensvermittlung) reduziert werden. Die Ausgestaltung der Signaling-Aktivitäten gelingt dem Anbieter umso besser, wenn er die Unsicherheiten und die Strategie zur Beseitigung von Unsicherheiten des Nachfragers kennt. Bei sehr individuellen Lösungen, wo der Kunden gar zum Co-Produzent wird, entstehen auch für den Anbieter Unsicherheiten bezüglich Entscheidungsspielraum oder Verfügbarkeit von termingerechten und qualitativen Kundeninformationen. Auch der Anbieter hat somit Interesse durch Screening-Aktivitäten Klarheit zu erlangen. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit der Gewinnung und Nutzung kundenbezogener Informationen zur reibungslosen Durchführung von Markttransaktionen. Gleichzeitig nützt dieses Wissen für Folgegeschäfte mit dem gleichen oder weiteren Kunden, indem diese in die Gestaltung des Leistungspotentials einfliessen. 

Quellen: Kleinaltenkamp, M. (2017). Der Wert des Kunden als Informant. In G. B. Helm S, Kundenwert (S. 189-209). Wiesbaden: Springer Fachmedien. 

Eine bestehende Geschäftsbeziehung und das daraus gewonnene kundenspezifische Wissen wird auf jeden Fall zum Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Ebenso schmälert sich beim Kunden das Transaktionsrisiko (Verzögerungen, Qualität etc.) bei einem Wiederholungskauf.  

Das einzelkundenbezogene Wissen kann bei Auftreten eines neuartigen Kundenproblems in Folgetransaktionen von Bedeutung sein. Ebenso nützen die erhaltenen Erkenntnisse aus der gesamten Kundenbeziehung zum Aufbau einer Vorteilsposition gegenüber der Konkurrenz. Das Wissen fördert Effektivität und Effizienz in der Informationsübertragung zum Kunden.  

 Wenn sich die Erfahrungen aus kundenindividuellen Transaktionen auf andere Nachfrager übertragen lassen, wird von segmentbezogenen Informationen gesprochen. Gemäss der Diffusionstheorie sind Nachfrager eines bestimmten Marktes unterschiedlich bereit, ein für sie innovatives Produkt zu adaptieren. Deshalb ist es sehr zentral innerhalb eines Segmentes seine Lead User zu kennen. Aus einer Kooperation mit Lead Usern entstehen wissensbezogene Wirkungen, die schlussendlich in geringeren Markteintrittsbarrieren, einem beschleunigten Innovationsprozess und einer steigenden Nachfrage münden.  

Der Lead User kann eine wichtige Rolle im direkten Informationsfluss als Meinungsführer übernehmen. Als Lead User eignen sich insbesondere Nachfrager mit einem hohen Innovations- und Referenzpotential.  Die Erläuterungen zeigen auf, dass der informationsbezogene Kundenwert durch die Wissensbestandteile geprägt wird, die aus den einzelnen Kundenkontakten im Leistungserstellungsprozess hervorkommen. Der informationsbezogene Kundenwert existiert nicht per se, er zeigt sich erst in der Qualität der Entscheidungen, die auf dieser Wissensgrundlage basieren. Im Nachhinein lässt sich der informationsbezogene Kundenwert aufgrund erhöhter Effizienz und Effektivität zum Beispiel durch einen grösseren Kundennutzen, einer stärkeren Kundenbindung, der Erlössicherung, einer möglichen Durchsetzung höherer Preise, Cross-Selling, höhere Gewinne oder einer besseren Vertriebseffizienz bewerten.  

Denkwerkstatt Sales Excellence

Die Denkwerkstatt Sales Excellence ist der führende Event zum Vertrieb in der Schweiz. Am 21.11.24 ab 14.00 stellen Top-Wissenschaftler und -Praxisreferenten aktuelle Entwicklungen im Vertrieb und Preismanagement vor. Dabei können mittels Masterclasses eigene Fragen eingebracht und das Netzwerk erweitert werden. Eine Teilnahme lohnt sich!
Event

Anwendung auf eine Vertriebsorganisation 

Gehen wir von folgender Beispielunternehmung mit funktionaler Organisation und einer B2B-Vertriebsorganisation mit produkteorientierter Segmentierung aus. Der Wert des Kunden als Informant wird zur methodischen Marktbearbeitung nicht berücksichtigt, vielmehr ist es abhängig vom Key Account Manager (KAM), ob er das Innovations- und Referenzpotential des Kunden erkennt und sein Wissen mit der Innovationsabteilung und weiteren Bereichen teilt. Wertvolles Kundenwissen wird nicht durch ein systematisches Wissensmanagement unternehmensweit geteilt. Gleichzeitig kann das Potential zur Kundenbindung mit Co-Creation nicht maximal genutzt werden. 

 Je mehr es dieser Unternehmung gelingt bereits im Vorfeld an eine Transaktion den Wert der erzielbaren Wissensveränderung und damit den wissensbezogenen Kundenwert zu ermitteln, lassen sich die oben beschriebenen Potentiale nutzen. 

 Was muss diese Unternehmung tun, um den Kundenwert des Nachfragers als Informant zu bestimmen und auf dieser Basis die Zusammenarbeit mit jenen Kunden zu intensivieren, welche einen hohen informationsbezogenen Wert darstellen? 

 Wissensbestand 

Als erstes müssen die relevanten Tatbestände durch das Abbilden von Daten verfügbar sein. Durch Gewinnung, Aufbereitung und Speicherung leistungs- und beziehungsbezogenem Wissen wächst der Wissensbestand. Wie bei der erwähnten Unternehmung besteht die Gefahr, dass Wissen in der Unternehmung verteilt aber nicht für alle relevanten Bereiche zugänglich ist. So kennt der KAM, der nahe am Kunden ist, die Bedürfnisse und Potentiale sehr gut, wenn er dieses Wissen aber nicht unternehmensweit teilt, verpasst diese Firma die Chance den Kundenwert durch Up-Selling, Cross-Selling oder Co-Creation zu steigern. Das Gelingen der transparenten Information ist abhängig vom systematischen Aufbereiten, Speichern der Daten und dem Ableiten der richtigen Schlussfolgerungen. Unser Unternehmen hat dazu ein unterstützendes CRM-System zur Verfügung. 

 Selektionskriterien  

Um die informationsbezogene Kundenbewertung vorzunehmen müssen die relevanten Selektionskriterien gewählt werden. Zur Bestimmung des Kundenwertes bezüglich seines Potentials Unternehmenswissen zu vergrössern und verbessern sind Kriterien bezüglich des Innovationspotentials und des Referenzpotentials zentral. Ebenfalls zu berücksichtigen ist der informationsbezogene Wert des Wissens. Um diese Kriterien zu bestimmen, kann sich die Unternehmung folgende Fragen stellen: 

 Innovationspotential 

  • Ist das Kundenbedürfnis beispielhaft für die Gesamtmarktentwicklung? 
  • Sieht der Kunde einen wesentlichen Nutzen in der Lösung und ist daher eher bereit Daten zu teilen? 
  • Hat der Kunde eigene Innovationsprojekte durchgeführt? 
  • Hat der Kunde selbst schon Prototypen gebaut?

Referenzpotential 

  • Hat der Kunde bei potenziellen Kunden eine Funktion eines Meinungsführers? 
  • Hat der Kunde ein gewichtiges soziales Netzwerk? 
  • Wie ist die Kundenzufriedenheit?  

 Informationsbezogener Wert 

  • Lässt sich das beziehungsspezifische Wissen auf andere Kunden übertragen? 
  • Lässt sich das beziehungsspezifische Wissen für Folgekäufe verwenden? 

Podcast SalesX & Innovation

SalesX und Innovation ist der Podcast zu den neusten Entwicklungen im Vertrieb und Innovationsmanagement. Jörg und Patrick stellen Modelle, Ansätze und Erfahrungen aus der Praxis vor und beleuchten aktuelle Fragestellungen aus der Vertriebs- und Innovationsperspektive. SalesX und Innovation ist der wöchentliche Gedankenaustausch zweier Menschen, die sich persönlich zugetan, aber nicht immer einer Meinung sind. Immer Freitags, überall wo es Podcasts gibt.
Podcast

Kundenwert als Informant bestimmen 

Die Kriterien sind anschliessend zu Gewichten und der Wert des Kunden als Informant mit einem Scoringmodell zu identifizieren.  

 Lead User definieren 

Aus der Bestimmung des Kundenwerts als Informant lassen sich Lead User ableiten. Die Zusammenarbeit mit Kunden, die einen hohen informationsbezogenen Wert repräsentieren ist zu forcieren. Für unsere Unternehmung ist zu empfehlen für jeden Produktebereich sogenannte Lead User zu bestimmen. 

 Ableiten von Massnahmen 

Nun werden Massnahmen zur Gewinnung und Verbesserung der Unternehmenswissens definiert. Ebenso werden Massnahmen auf Basis des vorhandenen Wissens zur Verbesserung der Informationstransaktion innerhalb der Segmente und Optimierung des Leistungserstellungsprozesses abgeleitet. Der Schwerpunkt in der Marktbearbeitung liegt in der Zusammenarbeit mit den Lead Usern, die durch Ihre Funktion als Meinungsführer auch Wirkung auf das gesamte Segment erzielen und die Massnahmen der Unternehmung in der Zielerreichung unterstützen.  

 Fazit 

Mit der Nutzung von Wissen gewinnt die Unternehmung an Effizienz und Effektivität. Mit den richtigen kundenorientierten Massnahmen in der Kundeninteraktion sammelt auch der Nachfrager Erfahrungen, die seine Unsicherheiten bzw. seine Risiken in der Nutzen- Kostenbestimmung für nachfolgende Kaufprozesse verringern. Damit beeinflusst der Anbieter mit seinen Massnahmen die kundenseitige Lieferantenbewertung. Von besonderem Wert sind Kundeninformationen- und Erfahrungen, die sich auch für weitere Kunden nutzen lassen. Der Wert des Kunden als Informant und des aus der Zusammenarbeit mit dem Kunden erworbenen Wissens unterstützt die dauerhafte Sicherung der Deckungsbeiträge und der nachhaltigen Gewinnerzielung. Gerade im Innovationsbereich sind Meinungsführer wesentlich, daher ist die intensive Zusammenarbeit mit Lead Usern für eine erfolgreiche Marktbearbeitung zwingend und ist gleichzeitig eine Investition in die Kundenbindung. Es muss daher im Interesse des Anbieters sein den Wissenszuwachs aus Kundenbeziehungen zu fördern und die Wissensentwicklungskompetenz der Mitarbeitenden zu steigern.