Kundenfokus-Vertrieb 24: Kann ein erfolgreicher Abschluss beim Vertrieb von Industriegütern in Zukunft nur mit einem persönlichen Vor-Ort-Kontakt zwischen Aussendienstler und Kunden erfolgen?
Die Pandemie hat zu einer radikalen Veränderung der Kundenbetreuung im B2B Aussendienst geführt. Anstatt wie gewohnt Kunden mit dem Auto zu besuchen, waren Mitarbeiter gezwungen, im Lockdown digitale Wege der Betreuung zu nutzen. Insbesondere Unternehmen, die bis dahin eher traditionelle Organisationsformen hatten, waren stark herausgefordert. Die Entwicklung hin zu digitaler Betreuung hat jedoch bereits vorher bestanden, wurde allerdings durch Corona massiv beschleunigt. Einer Studie der Ruhr-Universität Bochum zufolge stieg die Nutzung von digitalen Kommunikationskanälen im Aussendienst in der DACH-Region um 171 Prozent. Gleichzeitig haben die meisten Unternehmen ihre Vertriebsziele erreichen können. Nun stellt sich die Frage, ob die Veränderung nach der Pandemie Bestand hat und der Aussendienst auch ohne persönliche Vor-Ort-Besuche seine Kunden begeistern und binden kann.
Schon lange vor der Pandemie hat die Digitalisierung Unternehmen wie auch das Privatleben verändert. Bereits 2015 hat eine Studie von Gartner in Zusammenarbeit und Google festgestellt, dass fast 60 Prozent der Unternehmen die Digitalisierung als erfolgskritisch im Vertrieb ansehen. Allerdings gab es wenig konkrete digitale Strategien und so wurde im tatsächlichen operativen Vertriebsalltag eher wenig verändert an den klassischen Touch Points.
Der B2B Vertrieb ist komplexer geworden und läuft in der Regel nicht linear ab, angetrieben durch eine höhere Anzahl an involvierten Personen im Einkaufsprozess und der Verfügbarkeit von neuen Technologien und einer Vielzahl von Anbietern am Markt. Weiterhin sind mittlerweile viele B2B Einkäufer Digital Natives (Millennial Generation) und kennen sich sehr gut mit diversen digitalen Tools aus. Sie betreiben ihre Recherche häufig vorab online, um Angebote zu vergleichen, Empfehlungen und Meinungen einzuholen, sowie ihr Wissen zu teilen.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass gemäss der Gartner-Google Studie von 2015 bei B2B Einkäufen mehr als die Hälfte des Prozesses der Einkaufsentscheidung bereits stattgefunden hat, bevor der erste Kontakt zum Sales passiert. Nach der Pandemie dürfte dieser Wert deutlich gestiegen sein. Es ergibt sich ein Pull anstatt des früheren Push Marktes. Kundenfokus-Vertrieb 24 zeigt, dass diese Veränderung tiefgreifende Auswirkungen auf den Vertrieb hat.
Gleichzeitig bleibt ein persönlicher Kontakt und eine Vertrauensbasis zwischen dem Aussendienst und dem Einkauf ein wichtiger Faktor, insbesondere bei der Beratung von komplexen Produkten. Die meisten Touch Points lassen sich heute jedoch über digitale Medien organisieren. Auch der Ausbau von Automatisierungen sowie der Einsatz von KI-Hilfsmitteln können die personalisierte Customer Journey unterstützen. Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein von notwendigen Daten. Kundenfokus-Vertrieb 24 betont, dass dies entscheidend für den Erfolg im modernen Vertrieb ist.
Die Entwicklung von Kundenfokus-Vertrieb 24 zeigt, dass Unternehmen, die ihre digitalen Kanäle optimal nutzen und gleichzeitig den persönlichen Kontakt nicht vernachlässigen, die besten Chancen haben, ihre Kunden zu begeistern und langfristig zu binden.
Quelle: Stefanowicz, U; Geiss, C. (2022): Vom Außendienst zu Digital Sales – Wird der digitale B2B-Vertrieb zum neuen Standard?
Soziale Business Netzwerke wie LinkedIn haben stetig an Bedeutung gewonnen. Insbesondere während der Pandemie gab es einen starken Zuwachs der Nutzer in der DACH-Region um drei Millionen. Laut eigener Studie nutzten ganze 84 Prozent der deutschen Vertriebsmitarbeiter die Plattform für berufliche Zwecke und zum sogenannten Social Selling. Im Vergleich zu physischen Messen ist LinkedIn 24/7 offen und bietet direkte Kontaktmöglichkeiten mit aktuellen wie zukünftigen Kunden. Es konnte sogar gezeigt werden, dass Käufer die Marken von Vertriebsmitarbeitern mit aussagekräftigem Profil eher in die engere Auswahl nehmen.
Im Vergleich zu früheren Generationen sind Aussendienstler stark entlastet, da sie Online-Kanäle zur Informationsbereitstellung nutzen können. Somit können sie sich auf die Kernaufgaben fokussieren und sich mehr mit individuellen Detail-Anfragen befassen. Vor allem konnte die Zeit auf der Strasse reduziert werden, was vor der Pandemie der grösste Zeitfresser eines Aussendienstmitarbeiters im Vertrieb war. Vor der Pandemie waren dies circa 13 Stunden pro Woche, wovon drei Viertel unproduktive Zeit war. Durch den neuen Kundenfokus-Vertrieb 24 können 8.5 Stunden mehr zur Verfügung stehen zur Vor- und Nachbereitung und für weitere Verkaufsgespräche. Weiterhin sind online Termine mit 40 Minuten kürzer als Vor-Ort-Termine mit 70 Minuten. Nicht zu vergessen auch die Reduktion des CO2 Ausstosses bei verminderter Reisetätigkeit.
Durch den Einsatz von Bestell-Software und CRM-Systemen lassen sich weiterhin viele Prozesse digitalisieren und viele Abläufe bei Bestandskunden automatisieren.
Der Aussendienstmitarbeiter bleibt weiterhin als zentraler Ansprechpartner gewünscht, insbesondere wenn es um Beratung von komplexeren Produkten und Services geht oder auch um das Management von Beschwerden. Zu dem Ergebnis kommt auch die ECC-Studie von 2018. Der Kundenfokus-Vertrieb 24 zeigt, dass der Aussendienstler zukünftig immer im Zusammenspiel mit anderen Kanälen sein wird, die der Kunde in seiner Customer Journey nutzt und die vom Unternehmen bespielt werden sollten.
Als Fazit lässt sich sagen, dass Digital Sales in Zukunft weiter zunehmen und wichtiger Bestandteil im B2B Vertrieb sein wird. Der persönliche Kontakt bleibt entscheidend, allerdings über digitale Wege. McKinsey fand 2020 heraus, dass 70-80 Prozent der B2B Einkäufer digitale Betreuungsformen bevorzugen. Ein Grossteil der deutschen Unternehmen sagt, das Kundenfokus-Vertrieb 24 effektiver sei. 27 Prozent der Kunden würden sogar Bestellungen im Wert von über 500.000 Dollar ohne Vor-Ort-Anwesenheit des Aussendienstlers tätigen.
Denkwerkstatt Sales Excellence
Es wird zukünftig ein Umdenken im Aussendienst stattfinden. Erfolgreiche Remote Arbeit kann jedoch nur mit einem nachhaltigen und ganzheitlichen Digital-Sales-Ansatz gelingen. Unternehmen sollten alle Kanäle nutzen, um den Kunden zu informieren. Somit wird der B2B Vertrieb erleichtert und die Reichweite im Internet erhöht. Leichte und einfache Routineabwicklungen und Käufe sollten die Kunden möglichst selbstständig online abwickeln können. Somit lässt sich die Effizienz im B2B Vertrieb durch Automatisierung steigern. Gleichzeitig können wichtige Daten über Kunden und Käufe gesammelt werden. Damit diese Daten sinnvoll genutzt werden können, braucht es entsprechende Software Tools, die ein optimales Kundenmanagement sicherstellen. Hier ist laut einer EY-Umfrage aus dem Jahr 2020 noch deutliche Luft nach oben, dann mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen nutzen keine digitalen Tools zur Datenanalyse. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist auch die Kooperation zwischen Marketing und Vertrieb. Nur durch engere Zusammenarbeit kann kundenzentriert agiert werden. In der Realität arbeiten beide Abteilungen meist noch separat, was den Kundenfokus-Vertrieb 24 erschwert.
Trotz aller Veränderungen im B2B Verkauf haben sich die grundlegenden Erwartungen der Einkäufer nicht verändert. So ist es nach wie vor entscheidend, dass der Vertriebskontakt tief gehende Kenntnis und Know-how über den Bedarf und die Branche seiner Kunden hat. Gleichzeitig braucht er Soft Skills und muss seinen Kunden verstehen. Nur so kann er passende Lösungen und Angebote präsentieren, gerne auch digital.
Aussendienst Betreuung in der Praxis:
Angewendet auf das Beispiel des fiktiven Unternehmens Office Lösungen AG (folgend OL AG), Anbieter von Büromaterial und Lösungen rund um den Arbeitsplatz, lässt sich zunächst feststellen, dass es sich hier mehrheitlich um Produkte mit geringer Komplexität handelt. Die meisten Artikel sind leicht vergleichbar und können in mehreren Online-Shops erworben werden. Es gibt eine klassische Unterteilung in Aussendienst, welcher mehrheitlich persönlich vor Ort kleine wie mittelständische Kunden betreut sowie mehrere Key Account Manager, welche sich um die Betreuung der Grosskunden kümmern. Vor der Pandemie betrug die Reisetätigkeit der Aussendienstler bei OL AG nahezu 100 Prozent, während die Key Account Manager ca. 30-40 Prozent physisch unterwegs bei ihren Kunden waren. Im Aussendienst sind die Gebiete geografisch deutlich kleiner mit einer hohen Kundendichte, im Key Account liegen die betreuten Kunden meist nicht innerhalb eines geografischen Gebiets und fordern in der Regel eine geringere Besuchsfrequenz, da die Einkäufer häufig viele grosse Warengruppen betreuen und somit weniger zeitliche Kapazitäten für physische Besuche haben.
In beiden Fällen hat die Pandemie zu einer abrupten Vollbremsung geführt, da durch den Lockdown keine Kundenbesuche möglich waren. Insbesondere für den klassischen Aussendienst bedeutete dies eine grosse Herausforderung. Es mussten schnell neue Wege des Kontakts und der Aufrechterhaltung der Betreuung gefunden werden. Digitale Tools wie MS Teams wurden zwar bereits vorher eingesetzt, jedoch mehrheitlich zu internen Besprechungen. Durch die neue Nutzung von Video-Calls via Teams konnten die Kundentermine so persönlich wie möglich gestaltet werden im Vergleich zu reinem telefonischem Kontakt. Hierdurch konnte, wie auch im Kundenfokus-Vertrieb 24 beschrieben, sehr viel unproduktive Zeit eingespart werden, da die gesamte Arbeitszeit zur Kundenbetreuung zur Verfügung stand ohne Fahrtstrecken. Kundenfokus-Vertrieb 24 bleibt dabei ein wesentlicher Bestandteil der neuen Strategie.
Podcast SalesX & Innovation
Bei den Key Account Managern hat sich sogar gezeigt, dass während des Lockdowns teilweise häufiger als zuvor Face-to-Face Termine mit den Kunden stattgefunden haben, da keine weiten Fahrtstrecken zu planen waren. Allerdings hat die Erfahrung auch gezeigt, dass digitale Meetings häufig nicht die gleiche Gewichtung haben beim Einkäufer. Bei strategisch wichtigen und kritischen Gesprächen ist somit ganz klar ein physisches Vor-Ort Meeting vorzuziehen, da die Aufmerksamkeit höher ist. Vorteilhaft für die OL AG war sicherlich, dass insbesondere die Bestellprozesse bereits weitestgehend digitalisiert abliefen. So konnten Kunden schon vorher im Webshop mit ihrem persönlichen Login oder über ihre individuelle Einkaufsplattform-Anbindung alles bestellen.
Es lässt sich beobachten, dass nach der Pandemie zwar einige der Neuerungen geblieben sind, jedoch der klassische Aussendienst auch heute wieder mehrheitlich physische Vor-Ort Besuche bei seinen Kunden macht. Dies auch, weil es vom Kunden weitestgehend gewünscht wird, da der persönliche, vertrauensvolle Kontakt nach wie vor entscheidender Faktor für die Verkäufe ist.
Anders sieht es in der Betreuung der Grosskunden aus, wo die rasante Umstellung auf digitale Touch Points während der Pandemie teilweise zu nachhaltiger Betreuungsveränderung geführt hat. So wird auch heute ein guter Teil der Besuche, ca. 60%, auf digitalem Weg durchgeführt, während physische Vor-Ort-Besuche zu kritischen Terminen, Jahresgesprächen und Vertragsverhandlungen eingesetzt werden. Aber auch zur tiefergehenden Beratung in Zusammenarbeit mit Produktspezialisten oder zur Erweiterung des Netzwerkes innerhalb des Buying Centers beim Kunden ist der physische Termin nach wie vor unersetzbar. Durch die geplante Einführung eines professionellen CRM-Systems können zukünftig weitere Möglichkeiten zur effizienteren Gestaltung durch Automatisierung und bessere Nutzung von Kundendaten ermöglicht werden. Optimierungsbedarf besteht ausserdem noch in der engeren Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb, wie im Kundenfokus-Vertrieb 24 Artikel beschrieben. Denn nur so kann der Kunde ganzheitlich optimal betreut werden.
Als Fazit lässt sich sagen, dass die Digitalisierung durch die Pandemie einen Entwicklungsschub erhalten hat und zu einer effizienteren Betreuungssituation insbesondere im Key Account Bereich geführt hat bei der OL AG. Vielleicht lässt sich sogar schlussfolgern, dass die physischen Vor-Ort-Gespräche und der reale Kontakt noch an Bedeutung und Wertschätzung gewonnen haben, auch wenn sie teils seltener stattfinden. Eine Kundenumfrage hat ergeben, dass die gute Beziehung zum Aussendienst-Verkäufer häufig wichtigeres Kriterium als der Preis bei der Einkaufsentscheidung ist. Somit wird auch zukünftig ein Grossteil der Aussendienst Besuche, wie der Name sagt ‚aussen‘ stattfinden, bei Kunden vor Ort, um so eine optimale Bindung zu gewährleisten und einen Mehrwert zu schaffen. Es bleibt spannend zu sehen, wie die nächsten Entwicklungsschritte, insbesondere die Durchdringung von K.I. in allen Geschäftsfeldern, den Vertrieb und somit auch die Aussendienstbetreuung von Kunden weiter verändern werden.