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Gamification-Strategien im B2B-Vertrieb

Gamification-Strategien im B2B-Vertrieb von Bruno Kühne.

 
 

Gamification im B2B-Vertrieb: Der Mensch hat naturgemäss Freude an Wettbewerben, Belohnungen und Erfolgserlebnissen. Diese Aspekte lassen sich via Gamification auch in den geschäftlichen Kontext einbetten. Da-bei handelt es sich per Definition um die Integration von spieltypischen Elementen und Vor-gängen in spielfremden Zusammenhängen. Im Rahmen dieses Ansatzes werden positive psy-chologische Reaktionen genutzt, um bei den Anwendenden eine Verhaltensänderung zu be-wirken und die intrinsische Motivation zu steigern (Bendel, 2021).

Gamification war in der Vergangenheit vor allem bei Gewinnspielen zur Sammlung von Ba-sisdaten im B2C-Umfeld im Einsatz. Trotz der technischen Möglichkeiten wurde die Ver-knüpfung mit Einstellungs- und Verhaltensdaten aber kaum genutzt. Auch heute werden vorhandene Potenziale nicht hinreichend ausgeschöpft. So belaufen sich die Massnahmen weiterhin primär auf unpersönliche Massenmails und verfehlen entsprechend ihre Wirkung. Eine echte Wertschöpfung wird auf diese Weise nicht erzielt.

Nutzen und Aufbau von Gamification Gemäss empirischen Studien von Seiler (2016, S. 184 f.) werden mit Gamification im Kontext von manuellen Arbeitsprozessen sowohl qualitativ als auch quantitativ bessere Leistungen er-zielt. So stellte er im Rahmen seiner Forschungsarbeit z. B. fest, dass in der manuellen Kom-missioniertätigkeit mit Handscannern die Probanden der Experimentalgruppe bezüglich der Anzahl bearbeiteter Aufträge und der Genauigkeit der gescannten Artikel bessere Resultate erreichte als die Kontrollgruppe. Den Aufbau von Gamification-Interaktionen beschreibt Staudacher (2021, S. 118 f.) wie folgt:

– Dynamik: beschreibt die übergeordneten Aspekte und Ziele einer Interaktion

– Mechanik: beinhaltet die Prozesse zur Steuerung der Dynamik

– Komponenten: umfassen die spezifischen Instanzen, d. h. die Spiel- und Implementie-rungsdetails

Dieser Logik folgend, stehen gemäss Bruhn et al. (2020, Seite 490, Tab. 1) folgende Spielkom-ponenten zur Verfügung:

– Leistungs- und Erfolgsfaktoren: Feedback, Belohnung, Reputation, Zielsetzung und Fortschritt

– interpersonelle Faktoren: Altruismus, Rivalität, Kooperation und Interaktion

– Rahmenfaktoren: Erzählung, Umgebung, Regeln, Handeln, Selbst- und Fremddarstel-lung

Quelle: Wie Gamification-Elemente Ihren Vertrieb unterstützen können

Expertenmeinungen zu Gamification-Anwendungen im B2B-Bereich

Bezüglich des Einsatzes von Gamification im B2B-Umfeld wurden bisher nur wenige For-schungsdaten publiziert. Um ein entsprechendes Potenzial zu ergründen, führten Schmäh und Greyer Experteninterviews durch. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie Gamification-Kon-zepte zu einem nachhaltigen, messbaren Erfolg führen können. Die relevantesten Resultate der Untersuchung haben die beiden Forschenden im Marketingjournal MARKE 41 (Ausgabe 2/2022) veröffentlicht.

Zusammenfassend lassen sich aus den Experteninterviews folgende Erkenntnisse für den Ein-satz im B2B-Umfeld ableiten:

– Mitarbeiter/-innen sehnen sich danach, dass ihre Handlungen einen höheren Zweck erfüllen und sie somit einen Teil zu einem grossen Gesamten beitragen. Man kann die-sen Umstand nutzen und beispielsweise durch den Einsatz von Gamification die Errei-chung des Gesamtziels visualisieren.

– Die Notwendigkeit, die Zielerreichung eigenständig zu beeinflussen, wird als Grund-lage für eine erfolgreiche Implementierung von Gamification gewertet.

– Mitarbeiter/-innen möchten gehört werden und fordern aktiv Feedback ein. Als Mo-bile-First-Anwender/-innen haben die Mitglieder der Generation Z zudem eine hohe Affinität zu Gamifizierung.

– Gamification kann dazu beitragen, die Überzeugungskraft von Aussendienstmitarbei-tenden beim Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen im Gespräch mit der Kund-schaft zu steigern.

– Die Relevanz, etwas Wertvolles – zum Beispiel Kundendaten – zu besitzen, zu optimie-ren und zu schützen, wird von sämtlichen befragten Fachleuten als äusserst hoch be-wertet.

– Durch die Integration von überraschenden Elementen in die Gamification-Interaktion werden das flexible Reagieren und entsprechend die Wettbewerbsfähigkeit trainiert.

Meiner Einschätzung zufolge befindet sich die Mehrheit der Schweizer Unternehmen bezüg-lich der Implementierung von Gamification im B2B-Bereich noch in den Anfängen. Entspre-chend beurteile ich das Potenzial spezifisch für Umsetzungen im Aussendienst als hoch.

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Verbesserung der Datenqualität im B2B-Aussendienst durch den Einsatz von Gamification

Um die Produktivität und die Zufriedenheit der Anwender/-innen im Aussendienst zu steigern, müssen eine langfristige Motivation, Akzeptanz und Bereitschaft zur Nutzung von Gamifica-tion gewährleistet sein. Daher ist es entscheidend, die Zielgruppe in die Planung und Erpro-bung einzubeziehen und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Vor diesem Hintergrund sollten sich Unternehmen fragen, wie sie den B2B-Aussendienst dabei unterstützen können, Gamifica-tion-Potenziale zu entdecken und positiv in den Arbeitsalltag zu integrieren. Dieser Logik fol-gend, ist eine Umsetzung in der bestehenden, gewohnten Anwenderlandschaft bzw. IT-Infra-struktur ein kritischer Erfolgsfaktor. So kann sichergestellt werden, dass sämtliche Kundener-kenntnisse in einem Modul ganzheitlich zur Verfügung stehen.

Das Sammeln von Kundendaten ist eine der zentralen Aufgaben im Aussendienst. In der Praxis könnte beispielsweise mit einer spielerischen Darstellung angezeigt werden, wie vollständig diese sind. Je höher der Grad der Vervollständigung, umso stärker werden die Anwender/-innen mit Punkten, Abzeichen, einer Statussteigerung, visuellen Elementen etc. belohnt. Die Nutzung der Kundendaten kann dem Aussendienst in Form von Kundenerkenntnissen als Gamification-Interaktion wieder zur Verfügung gestellt werden. So kann zum Beispiel bei einer Datenverknüpfung automatisiert und live bei der Kundeninteraktion ein Kundenwert gene-riert werden. Als Gamification-Interaktion wird der Aussendienst im Kundengespräch befä-higt, mit konkreten Massnahmen wie Up- oder Cross-Selling den Kundenwert zu steigern.

Steigerung der Kompetenz im B2B-Aussendienst

Die geringere Auswirkung von Fehlern in spielerischen Anwendungen im Vergleich zu her-kömmlichen Leistungssituationen kann die Einstellung des Personals positiv beeinflussen (Becker und Metz, 2022, S. 253). Als Anwendungsbeispiel für das Aussendienst-Team in der Fast-Moving-Consumer-Goods-Branche bietet es sich an, spielerische, in kurzer Zeit umsetz-bare Lerninhalte bereitzustellen. Mögliche Themenfelder sind Produkt-, Betriebs- und Markt-kenntnisse. Diese Inhalte eignen sich ebenfalls, um neue Aussendienstmitarbeiter/-innen in der Einführungsphase zu unterstützen.

Die Förderung der persönlichen Wissensaufnahme ist ein weiteres Anwendungsfeld, in dem Gamification eingesetzt werden kann. So ist es denkbar, dass allen Aussendienst-Mitarbeiten-den pro Monat vier Stunden Zugriff auf eine spezifische E-Learning-Plattform zur Verfügung gestellt werden. Diese können die Anwender/-innen kostenlos sowie orts- und zeitunabhängig nutzen. Die entsprechenden Kosten für den Zeitaufwand und die Plattform werden vom ar-beitgebenden Unternehmen übernommen. Im betrieblichen Kontext gilt es, gezielt Kompe-tenzfelder vorzugeben, um das Wissen geschäftsrelevant zu steigern. Ein spezielles Augen-merk kann dabei auf den Ausbau der Digitalkompetenz gelegt werden, welche bezüglich der Rollenveränderung im Verkauf zukunftsweisend ist. Es bietet sich an, diese Art von Gamifica-tion-Inhalten über spezialisierte Partner/-innen zu implementieren.

Podcast SalesX & Innovation

SalesX und Innovation ist der Podcast zu den neusten Entwicklungen im Vertrieb und Innovationsmanagement. Jörg und Patrick stellen Modelle, Ansätze und Erfahrungen aus der Praxis vor und beleuchten aktuelle Fragestellungen aus der Vertriebs- und Innovationsperspektive. SalesX und Innovation ist der wöchentliche Gedankenaustausch zweier Menschen, die sich persönlich zugetan, aber nicht immer einer Meinung sind. Immer Freitags, überall wo es Podcasts gibt.
Podcast

Risiken und Nebenwirkungen von Gamification für den B2B-Aussendienst

Mehrheitlich ist die Berichterstattung zu Gamification auf Vorteile und Potenziale ausgerich-tet. In der Forschung werden aber auch zahlreiche Kontrapunkte genannt. Nachfolgend sind exemplarisch Gründe gegen den Einsatz von Gamification im B2B-Bereich aufgeführt (bei-spielsweise Beil et al., 2018, S. 322 ff.):

– Die Freiwilligkeit der Teilnahme – ein Grundelement des Spielens – ist bei Gamifica-tion-Interaktionen im B2B-Umfeld nicht immer gegeben.

– Ferner besteht der Risikofaktor der Kontinuität bzw. der Nachhaltigkeit. Die kurzfris-tige Motivation kann in Desinteresse übergehen, wenn Gamification-Elemente nicht mehr interessant erscheinen.

– Aufgrund des Wettbewerbscharakters kann sich Gamification negativ auf die Arbeits-kultur im Unternehmen auswirken.

– Eine Verknüpfung mit extrinsischen Faktoren, zum Beispiel Bonuszahlungen, kann zu einer geringeren Nachhaltigkeit führen.

– Belohnungselemente (zum Beispiel Punkte, Abzeichen oder Level) können – je nach Aufbau – die Nutzenden ablenken, wodurch es zur Vernachlässigung anderer Aufga-ben kommt.

– Fehlende oder zu allgemein formulierte Ethikrichtlinien können bei den teilnehmen-den Parteien zu einem Vertrauensverlust führen.

Fazit

Im Zentrum eines erfolgreichen Gamification-Konzeptes stehen die Motivation und die Akzep-tanz der Zielgruppe. Um die potenziellen Risiken zu reduzieren, ist es entscheidend, dass Gamification-Umsetzungen sorgfältig konzipiert und gestaltet werden. Es gilt, alle Komponen-ten attraktiv und benutzerfreundlich zu kombinieren, damit die Kontinuität und das langfris-tige Engagement unterstützt werden. Durch die Einhaltung ethischer Prinzipien ist zu gewähr-leisten, dass die Interaktionen zur nachhaltigen Freude der Nutzer/-innen beitragen.

Explizit für den Einsatz von Gamification im B2B-Kontext existieren derzeit nur wenige For-schungsdaten. Diese sind künftig zu erheben, wobei die langfristige Wirkung empirisch zu be-legen ist.

Aus meiner Perspektive eröffnet Gamification vielversprechende Wege, um das Engagement und die Motivation der Mitarbeiter/-innen zu fördern sowie die Arbeitsumgebung zu optimie-ren. Insbesondere hinsichtlich der Anwendungen zur Verbesserung der Datenqualität und zur Kompetenzsteigerung für das B2B-Aussendienst-Team sehe ich einen relevanten Mehrwert.