Preismanagement E-Commerce von Corina Wick.
Dem Preismanagement E-Commerce 2021, einmal völlig abgesehen vom Markt oder Verkaufskanal liegen immer dieselben Überlegungen zugrunde:
Zu Beginn für die Einführung einer Preisstrategie sollte überlegt werden, welches strategische Ziel erreicht werden möchte. Zum Beispiel kann die Ertragssteigerung im Fokus sein. Nun, sobald das Ziel klar ist, wird die Ist-Situation erfasst. Konkret: Wo stehen wir heute? Eine datenbasierte Erfassung der Ist-Situation zeigt auf, welche Anpassungen benötigt werden, um die Ziele zu erreichen. Nach der Entscheidung, wie die Preisstrategie sein soll, folgt die Implementierung in den Systemen. Das Controlling überprüft im Anschluss, ob die eingeführte Preisstrategie die Ziele erreicht.
Es kann durchaus sinnvoll sein spezialisierte Pricing-Profis zu engagieren. Diese analysieren professionell die Ist-Situation, zum Beispiel die Bonität und die Zahlungsbereitschaft der Kunden. Ebenso setzen Profis die Analyse systematisch um und setzen den Gewinn in den Fokus.
Nach den grundlegenden Überlegungen gibt es ein paar Besonderheiten, welche das Preismanagement E-Commerce 2021 mit sich bringen. Einer der wichtigsten Punkte ist die Preistransparenz im Internet. Der Kunde hat verschiedenen Vergleichsportale zur Verfügung. Selbst ohne Vergleichsportale ist es einfach verschiedene Angebote in kurzer Zeit von verschiedenen Anbietern miteinander zu vergleichen. Diese erhöhte Transparenz hat Auswirkungen auf das Kaufverhalten des Kunden. In der Tendenz werden Käufe viel spontaner getätigt und der Kunde nutzt beim Vergleich vor dem Kauf die zeitliche oder vertriebskanal bezogenen Preisunterschiede. Nachweislich sind die Preise ein wichtiges Auswahlkriterium für die meisten Kunden. So gerät der Preis immer mehr unter Druck und die Obergrenze für Preise senkt sich. Die erhöhte Preistransparenz forciert somit auch neue Pricing-Ansätze, wie zum Beispiel die Individualisierung der Preise auf den Kunden. Diese dynamischen Preise geben dem Kunden das für ihn beste Angebot. Ebenso ermöglicht das Internet auch aus technischer Sicht mehr. Eine zeitliche Variation von Preisen (Echtzeit-Pricing) ist einfacher zu erfassen. Durch das Internet haben sich auch neue Pricing Modelle etabliert (value sharing, pay as you go, pay per use, etc.).
Obwohl die Individualisierung der Preise nach den oben genannten Punkten grosses Potential mit sich bringt, werden diese im Schweizer Markt noch sehr wenig genutzt und umgesetzt. Forschungen mittels Umfragen zeigen, dass die Kunden aussagen, sie möchten keine individuellen Preise in Bezug auf ihre persönlichen Daten. Firmen wiederum nehmen dies als Grundlage zum Entscheid, dass sie keine individuellen und dynamischen Preise einführen: “Die Kunden wollen das nicht!”. Trends zeigen jedoch klar das Kundenverhalten: Der Kunde nutzt individuelle Preise, um für sich einen maximalen Preisvorteil zu schaffen. Zusammengefasst: Obwohl der Kunde sagt, dass er dies nicht möchte, nutzt er oder sie ein individuelles Preisangebot. Das Preismanagement E-Commerce 2021 gilt es deshalb nicht zu unterschätzen.
Neben dem Argument, dass der Kunde kein individuelles Angebot möchte, scheuen sich Unternehmen auch dies einzuführen da eine Umsetzung technisch grosse Herausforderungen mit sich bringt. Es braucht fähige Systeme und vor allem auch Personal, welches Algorithmen entwickeln kann, die dem Kunden individualisierte Angebote entgegen bringt. In der Schweiz gibt es hierzu kaum ausgebildete Fachkräfte. Das Knowhow kann somit nicht eingekauft-, sondern muss erarbeitet werden. Dies bringt weitere grosse Aufwendungen mit sich. Zum Schluss steht immer auch die Frage im Raum, ob das Potenzial im Schweizer Markt genug gross ist, um die Investitionen für dynamisches Pricing zu rechtfertigen.
Wirft man einen Blick auf die Amazon E-Commerce-Lösung und betrachtet deren Pricing Strategie und deren Umsetzung dahinter, wird die Komplexität sehr klar.
Amazon hat als strategisches Ziel möglichst tiefe Preise für den Endkunden anbieten zu können. Da Amazon auch ein Marktplatz ist und verschiedene Händler sich gegenseitig konkurrenzieren, hat der Kunde gewährleistet, dass ihm stets wettbewerbsfähige Angebote vorliegen. Dies soll dem Kunden das Vertrauen geben, dass er oder sie das beste Angebot immer auf Amazon findet und sich somit die Gewohnheit einschleicht, sämtliche Produkte erstmal auf Amazon zu suchen, statt einen Vergleich im Internet anzustellen. Etwa 60% des Umsatzes, der über die Amazon E-Commerce-Lösung getätigt wird, wird von Drittanbietern, also nicht Amazon selber umgesetzt. Die Händler, welche auf dem Amazon Marktplatz mitbieten, bringen somit Amazon die Sicherheit, dass die Preise möglichst tief sind. Umgekehrt profitieren die Händler auf dem Marktplatz Amazon von der hohen Anzahl potenzieller Kunden.
Dem Händler werden zwei Verkaufsmodelle angeboten, um die Preise zu regulieren. Zum einen kann dies komplett manuell geschehen. Dies ist sehr zeitaufwändig und lohnt sich nur bei einem kleinen Sortiment. Dafür ist die Kontrolle zu 100% gewährleistet bei manueller Regulierung des Angebotes. Eine andere Möglichkeit für Händler ist die Nutzung von Repricing-Tools. Hinter den Tools stecken Algorithmen, welche dynamisch auf Preisanpassungen von Mitbewerbern reagieren. Das Repricing-Tool registriert dabei eine Preisanpassung eines Konkurrenten auf Amazon, kalkuliert dabei danach den neuen Preis und übergibt diesen an Amazon. Amazon überprüft den Preis seitens Marktplatz und veröffentlicht den neuen Preis danach. Spannend dabei ist, dass in den Algorithmen von Amazon nicht ausschliesslich der Artikelpreis berücksichtigt wird. Ebenso wichtig sind Versand- und Bearbeitungsgebühren, Rabatte, Versandart und eine Tiefpreisgarantie. Die Amazon Repricing-Tools können dies berücksichtigen und bringen so den Vorteil der Zeitersparnis und Effektivität, sofern diese richtig eingesetzt werden. Fast unumgänglich sind die Repricing-Tools bei sehr grossen Produktkatalogen. Ebenso ist es schwierig ein Verständnis zu erhalten, was den Produkten hilft, um Marktfähig zu sein. So können durch falsch eingesetzte Repricing-Tools durchaus hohe Kosten entstehen.
Die Tools für die Händler geben ein Indiz dafür, wie der Algorithmus auf Amazon funktioniert. Obwohl Amazon eine Tiefpreisstrategie verfolgt, scheinen doch noch andere Faktoren einzufliessen. Neben der Preisgestaltung legt Amazon viel Wert auf Erstattungssatz, Auftragsfehlerquote, Lagerverfügbarkeit, Reaktionszeit des Händlers, Lieferdauer und Kundenbewertungen. Es ist davon auszugehen, dass diese Faktoren aus der Erfahrung und Forschung rund um die Kundenbedürfnissen abgeleitet wurden.
Aus Kundensicht sieht der Einkauf auf Amazon wie folgt aus: Der Kunde interessiert sich für einen Artikel. Auf der rechten Seite erscheint die Buy Box, in welcher zusammengefasst die wichtigsten Merkmale stehen mit den oben genannten Faktoren (Preisgestaltung, Verfügbarkeit, Lieferkonditionen, etc.) und natürlich einen Knopf beinhaltet zum Kauf. Unter der Buy Box werden weitere Händlerangebote angezeigt. Hier wird ausschliesslich der Preis angezeigt. So weiss der Kunde sicher, dass er oder sie das günstigste Angebot vor sich hat.
Mit dem strategischen Ziel möglichst tiefe Preise zu haben und mit der Umsetzung eines Marktplatzes in welchem sich die Händler gegenseitig konkurrenzieren, scheint Amazon den gewünschten Erfolg zu erhalten. Amazon selbst ist übrigens dafür bekannt, dass sie die Preise für die eigenen Angebote zwischenzeitlich immer wieder einmal senken. Zum Beispiel finden Preissenkungen zu Weihnachten oder anderen speziellen Anlässen statt. Inwiefern sie die Senkung der eigenen Angebote mit einem Marktanteil von 30% auf dem Marktplatz nutzen, um den Marktplatz ansich zu beeinflussen, bleibt offen.
In Bezug auf den Schweizer Markt können wir ähnliche Modelle am Beispiel von Galaxus erkennen. Als Schweizer Retail-Händler sind diese Entwicklungen unbedingt zu berücksichtigen im Preismanagement.
Fazit zu Preismanagement E-Commerce 2021:
- Klare Preisstrategie festlegen und systematisch umsetzen
- Höhere Preistransparenz im Internet berücksichtigen
- Trends erkennen: Zum Beispiel können dynamische Preise durchaus interessant sein
- Fachkompetenzen in der technischen Umsetzung und Implementierung einsetzen oder aufbauen
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