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Multichannel Management 2022

Multichannel Management 2022 von Carlo Schuler.

Das Verhalten der Kunden hat sich über die letzten Jahre grundlegend verändert. Digitale Kanäle ergänzen den stationären Handel, ersetzen jedoch diese Ebene nicht, wie in früheren Prognosen angenommen wurde (Terstiege, 2020). Ein exemplarisches Beispiel dieser Entwicklung ist die veränderte Kaufentscheidung beim Autoverkauf. Erfolgten Produktevaluation, Beratung und Verkaufsprozess in der Vergangenheit über stationäre Händler, denen der Kunde vertraut, informiert sich dieser heute über Onlinekanäle wie Social Media, Suchportale und Anbieterwebpages. Die Kaufentscheidung fällt in der Regel bereits während der Recherche. Der Kaufabschluss hingegen wird noch weitgehend über stationäre Fahrzeughändler abgewickelt.  Multichannel Management 2022 gewinnt an Stellenwert.

In einem Multichannel-Vertriebssystem werden differenzierte und kundenspezifische Kanäle für den Vertrieb von Services und Produkten integriert. Der Fokus liegt auf einem kanalübergreifenden Kundenerlebnis, welches durch die Verwendung von verschiedenen, für den Kunden geeigneten, Kanälen optimiert wird (Terstiege, 2020). In der Vergangenheit wurde im Vertrieb ein einzelner Kanal, z. B. über eine lokales Verkaufsgeschäft, genutzt. Im Laufe der Zeit wurden Multichannel-Lösungen implementiert und der stationäre Verkauf, etwa durch einen Webshop, ergänzt. Die Problematik bei der Verwendung verschiedener Kanäle zeigt sich darin, dass während des Kundenerlebnisses, bzw. während der Verwendung durch Kunden, kein Wechsel – auch ‹Channel-Hopping› genannt – zwischen den Kanälen möglich war. Durch den Multichannel-Vertriebsansatz können sämtliche Vertriebskanäle während der Customer-Journey flexibel und abwechselnd genutzt werden, was zu einer Steigerung des Kaufvolumens, der Kauffrequenz und letztlich zu einer tiefergreifenden Kundenloyalität führt. Multichannel Management 2022 gehört somit für immer mehr Unternehmen zu einem zentralen Erfolgsfaktor.  

Ein effizientes, und anhand des Kundenwertes und Kundenbedürfnisses abgestimmtes, Multichannel-Vertriebssystem beinhaltet üblicherweise verschiedene Ebenen: Die direkte Ebene, auf der ein Unternehmen die Produkte bzw. Dienstleistungen eigenständig vertreibt, bzw. die indirekte Ebene, auf welcher der Vertrieb über Distributoren erfolgt. Weiters kann die Customer-Journey über Online-oder Offlinekanäle abgewickelt werden. Die Mehrwerte eines Multichannel-Set-ups:

  • kundenzentrierte Zugänge können evaluiert werden, z. B. Key-Account-Management für Grosskunden und Onlineshop für Einzelkunden;
  • spezifische und geografische Bedienung der Märkte über lokale Vertriebseinheiten;
  • Markterschliessung über lokale Distributoren für Märkte mit Eintrittsbarrieren und
  • Nutzung von Onlinekanälen zur Automatisierung und Realisierung einer zeit- und ortsunabhängigen Verfügbarkeit des Angebotes.

Die Herausforderung für Unternehmen, um ein nahtloses Kundenerlebnis zu ermöglichen, zeigt sich in der durchgehenden Integration der Kanäle. Die ständige Transparenz der Kundendaten entlang der Customer-Journey und der Touchpoints mittels eines geeigneten Customer-Relationship-Management (CRM) Systems bilden das Fundament für ein vollständiges, konsistentes Multichannel-System. Abschliessend sollen folgende Ergebnisse hervorgehoben werden:

  • Unternehmen sind gefordert, differenzierte Vertriebskanäle spezifisch auf das Kundenbedürfnis und den Kundenwert auszurichten.
  • Kundenportale und Digitalisierungen müssen dem Kunden einen Mehrwert bieten und wirtschaftliche Effekte generieren. Unternehmen sollten keine Portale oder Systeme entwickeln, nur um es den Mitbewerbern gleichzutun.
  • In welchen Vertriebskanälen und -aktivitäten liegen die Stärken des Unternehmens? Dahingehend sollte eine stärkenorientierte Fokussierung beachtet werden.
  • Ein kanalübergreifendes CRM-System und die Pflege sämtlicher Kundendaten bilden den zentralen Faktor für den Erfolg des Multichannel-Ansatzes.
  • Eine stetige Analyse der Kunden-Touchpoints und die Auswertung der Daten steigert den Wert der Kundenbeziehung und liefert Ansätze zur Evaluation und Weiterentwicklung des Multi-Channel-Systems.

Multichannel Management 2022 in der Immobiliendienstleistungsbranche

Der Wettbewerb in diesem Bereich hat sich in den vergangenen Jahren verschärft. Denn eine Vielzahl etablierter, aber auch neu auf dem Markt eingetretener, Immobiliendienstleister ringt um Marktanteile. Da sich die Angebote aus Kundensicht immer mehr annähern und Leistungen zunehmend austauschbar sind, erfolgt einer Differenzierung oftmals über eine Tiefpreisstrategie, was zu einer stetigen Schmälerung der Marchen führt. Hinzu kommt, dass Immobilieninvestoren sich im Zuge ihrer Digitalisierungsstrategie zunehmend eigenständig organisieren und das Marktvolumen reduziert wird. Durch den steigenden Wettbewerbsdruck und die Digitalisierung wird sich die Anzahl Akteure auf dem Markt in den kommenden Jahren deutlich reduzieren. Um dem Preisdruck und der Verdrängung entgegenwirken, sind Immobiliendienstleister gefordert, neue Geschäftsfelder zu erschliessen und die Honorare mit Hilfe von Value-added-Services bzw. Zusatzservices zu verteidigen.

Im Bereich des Vertriebs bzw. der Vermietung von Objekten, insbesondere im Wohnungsmarkt, herrscht seit geraumer Zeit ein Multichannel-Ansatz vor. Ein potenzieller Kunde informiert sich über Onlinekänäle wie Social Media, Immobilienplattformen, Projekt- oder Firmenwebsites über Mietangebote. Mittels 360-Grad-Wohnungstouren kann ein Mietinteressent heute seine Entscheidung hinsichtlich Miete oder Kauf fällen. Bei einer persönlichen Besichtigung mit einem Vermietungsberater kann er sich abschliessend von der Qualität des Objektes überzeugen. Das Onboarding bzw. Vermietungsgeschäft wird heute bereits von einigen Anbietern digital über ein Kundenportal durchgeführt, wodurch die Geschwindigkeit des Vermietungsprozesses im Vergleich zum früheren anlogen Prozess signifikant gesteigert werden konnte. In der Branche haben sich Portallösungen etabliert, die einzelne Services in Bezug auf das Mietverhältnis beinhalten, wie z. B. die Möglichkeit eine Reparaturmeldung abzusetzen oder Dokumente zu beziehen bzw. zu übermitteln. Die aktuelle Herausforderung liegt in einem Omnichannel-System, welches sämtliche Aktivitäten des Kunden in einem zuverlässigen CRM-System aufzeichnet. Durch die Verwendung eines solchen Systems wird eine durchgehende Transparenz der Kundenaktivität erreicht, was letztlich zu einer Steigerung der Dienstleistungsqualität führt.

Eine Chance bietet sich im Vertreib von Services rund um das Mietverhältnis über das Kundenportal oder auch über den persönlichen Kontakt mit dem Kundenberater. Im Sinne einer Komfortsteigerung und zur zeitlichen Entlastung des Kunden können über die gesamte Customer-Journey hinweg Produkte, erweiterte Dienstleistungen und Value-added-Services angeboten werden, wie z. B. Reinigungs- und Umzugsservices, Versicherungslösungen, Monitoring von Energiedaten usw. Der Vertrieb dieser Leistungen kann mittels eines Distributorenansatzes direkt durch das Unternehmen erfolgen oder an Partner vermittelt werden. In der Kundenberatung bedarf es somit künftig einer verstärkten Sales-Affinität und strategischen Vorgehensweise im Umgang mit der Kundschaft.

Durch die Vernetzung im Omnichannel-System über eine CRM-Landschaft, ist es möglich, Lieferanten und Partner im Ökosystem während der gesamten Customer-Journey einzubinden. Dadurch kann die Interaktion zwischen Immobiliendienstleister, Mieter und externen Partnern in Echtzeit erfolgen. Ebenso können ein Status-Tracking sowie Feedbacksystem implementiert werden. Das ermöglicht, die Bearbeitungszeiten signifikant zu reduzieren und die Transparenz offener Kundentickets zu steigern.

Im Bereich der Betreuung von Geschäftsflächenmietern, die hinsichtlich ihres Kundenwertes eine hohe Priorität haben, bietet sich eine gezielte Betreuung über ein Key-Account-Management an. Da Grossmieter, mit einem nationalen Standortnetz, meist lokal durch die Niederlassungen betreut werden, liegt die Herausforderung in der strukturierten, zentralen Datenerfassung über Flächenbedürfnisse bzw. Expansionsvorhaben. Dieser Umstand kann dazu führen, dass die einzelnen Standorte nicht synchron agieren. Durch den KAM-Ansatz können Daten zentral in CRM-Systeme implementiert und so eine gewinnbringendere Geschäftsbeziehung aufgebaut werden. Im Zuge der aktuellen Entwicklungen sind die Markteilnehmer gefordert, neue Businessmodelle zu entwickeln und zu etablieren, um ihre Existenz zu sichern. Mit einem kundenzentrierten Multichannel-System kann der Kundenkomfort gesteigert werden. Voraussetzung hierfür sind die laufende Erfassung sowie die Interpretation der Kundendaten entlang der Customer-Journey.

Quellen:

Terstiege, M. (2020). Digitales Marketing – Erfolgsmodelle aus der Praxis. Konzepte, Instrumente und Strategien im Kontext der Digitalisierung. Springer Gabler Verlag.

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