Kennzahlensystem 2021 von Markus Hofbauer.
Ein Kennzahlensystem 2021 ist Teil des Vertriebscontrollings. Kühnapfel beschrieb die Funktion Vertriebscontrollings an der Schnittstelle zwischen Verkauf, Vertriebsführung und Controlling als Planung, Steuerung, Koordination und Kontrolle aller vertrieblichen Prozesse und Institutionen. Die Aufgaben des Vertriebscontrollings sind somit das Berechenbar-machen von Verkaufsprozessen, das Senken vertriebsinduzierter Vertriebskosten sowie das Steigern der Vertriebseffizienz. Dabei unterscheidet man zwischen strategischem und operativem Vertriebscontrolling. Typische operative Steuerungsgrössen sind naturgemäss kurzfristige Informationen, wie beispielsweise Umsätze, Kosten, Renditen, Deckungsbeiträge. Zu den längerfristig angelegten Steuerungsgrössen des strategischen Bereiches zählen unter anderem Kundenbedürfnisse, Image und Innovationskraft. Im Kern geht es bei den Aussagen zu einem Kennzahlensystem 2021 um die Zielerreichung und die Frage, ob das Ziel auch mit weniger Mittel hätte erreicht werden können.
Gemäss Umfrage wünschen sich 70% der Unternehmen ein belastbares Kennzahlensystem 2021, jedoch ist dieses in nur 15-20% der Fälle auch verfügbar. Daraus ergibt sich, dass viele Unternehmen durch fehlende oder schlechte Kennzahlensysteme Schwächen bei der Planung, Steuerung, Koordination und Kontrolle ihrer vertrieblichen Abläufe haben, da kein belastbares Kennzahlensystem 2021 mit den geeigneten Kennzahlen vorhanden ist.
Gemäss Meffert sind Kennzahlen Zahlen, die in konzentrierter Form über einen zahlenmässig erfassbaren betriebswirtschaftlichen Tatbestand informieren. Die meisten Kennzahlen in vertrieblichem Kontext sind eine Relation einer Messgrösse zu einer Bezugsgrösse.
Im Vertrieb werden am häufigsten standardisierte Kennzahlen verwendet. Sie werden vom Unternehmen selbst konzipiert und sind dauerhaft etabliert. Ihr Ziel ist es, die Verkaufseffizienz und Verkaufseffektivität entweder im Zeitvergleich oder im Vergleich zwischen Vertriebsinstanzen zu messen. Ad-hoc-Kennzahlen: entstehen spontan und dienen dazu, eine Argumentation zu unterstützen. Wenn die Konstruktion der Kennzahl nicht transparent und nachvollziehbar ist, ist davon abzuraten, um Beeinflussung und Manipulation vorzubeugen.
Neben psychographischen und verhaltensbezogenen Kenngrössen wie beispielsweise Weiterempfehlungsverhalten, Kundenzufriedenheit und Image nennt Meffert ökonomische Kenngrössen wie Kosten, Umsatz, Deckungsbeitrag, Gewinn und Rendite. Kennzahlen können auch nach deren Wirkung auf den Konsumenten in kognitive, affektive und konative gegliedert werden.
Die Darstellung mehrerer Kennzahlen erfolgt in einem System, welches zweckorientiert ist und eine Mehrzahl von Kennzahlen, die sich gegenseitig ergänzen, logisch und/oder rechnerisch miteinander verknüpft. Bei der Bildung eines Kennzahlensystems ist laut Meffert darauf zu achten, dass es problemgerecht, widerspruchsfrei und konsistent, flexibel und erweiterbar, benutzer- und organisationsgerecht ist, sowie der Aufwand für die Datenerhebung und –Verarbeitung sowie der Grad der Automatisierung wirtschaftlich vertretbar sind. Zweit typische Arten von Systemen sind der Kennzahlenkatalog und das Kennzahlenschema.
Ein Kennzahlenschema ist ein Treiberbaum, bei dem Kennzahlen zu Inputgrössen für übergeordnete Kennzahlen werden, diese wiederum zu einer Inputgrösse für andere und so fort. Daraus resultiert ein zentraler Aussagewert des Schemas und es entsteht eine Spitzenkennzahl. Es werden alle Inputgrössen benötigt, denn alle sind mathematisch miteinander verknüpft. Daraus ergeben sich möglich Nachteile in der Anwendung. Fehlt eine einzige Inputgrösse, kann das Schema nicht berechnet werden. Zudem ist die Beschreibung der einzelnen Daten von wesentlicher Bedeutung. Haben Inputgrössen einen nicht kongruenten Zeitbezug, werden also mal Quartals- und mal Monatswerte verwendet, ist das Ergebnis falsch. Ein klassischer Vertreter eines Kennzahlenschemas ist das DuPont-System aus dem Jahr 1919. Es ist ein Treiberbaum aus ausschliesslich monetären Grössen. Das DuPont-System ist auf die Vergangenheit bezogen und fokussiert zumeist auf finanzielle Kennzahlen und nicht auf eine langfristige Unternehmensplanung.
Bei einem Kennzahlenkatalog handelt es sich um eine Liste von Kennzahlen für ein Thema oder einen Bereich. Im Katalog werden die Kennzahlen unabhängig voneinander erfasst und dokumentiert. Sie bauen nicht aufeinander auf und eine Steuerung des Vertriebs ist daher auch noch dann möglich, wenn einzelne Kennzahlen nicht verfügbar sind und der Katalogdaher Lücken aufweist. Der wohl bekannteste Kennzahlenkatalog ist die Balanced Scorecard von Kaplan und Norton. Es handelt sich hierbei um ein modernes und leistungsfähiges System, das quantitative und qualitative Grössen berücksichtigt, sich an der Vision und Strategie des Unternehmens orientiert und es kann zur ganzheitlichen Bewertung der Leistungen eines Unternehmens oder einer Geschäftseinheit eingesetzt werden.
Fazit Kennzahlensystem 2021
- Mittels Kennzahlensystemen kann das Vertriebscontrollings Verkaufsprozessen berechenbar machen, vertriebsinduzierter kosten Senken sowie die Vertriebseffizienz steigern
- Es wird zwischen kurzfristigen operativem und langfristigen strategischem Vertriebscontrolling unterschieden. Dies bedingt auch unterschiedliche Kennzahlen
- In vielen Unternehmen fehlt ein belastbares Vertriebskennzahlensystem, dies führt zu Schwächen in Planung, Steuerung und Kontrolle des Vertriebs
- Um ein Kennzahlensystem zu bilden, werden mehrere Kennzahlen in einem zweckorientierten System abgebildet sowie logisch und/oder mathematisch miteinander verknüpft, sodass das System in sich konsistent ist
- Die beiden bekanntesten Kennzahlensysteme sind das DuPont-System als Kennzahlenschema bzw. klassische Form eines “Treiberbaums”, sowie die Balanced Score Card als Kennzahlenkatalog
- Als bessere Alternative zum veralteten DuPont-System eignet sich die Balanced Score Card als Kennzahlenystem, da dieses diese mehrere Dimensionen mitsamt qualitativen Aspekten berücksichtigt und die Vision & Strategie des Unternehmens ins Zentrum stellt
Die Balanced Scorecard im Vertrieb
Die Balanced Scorecard wurde in ihrer Grundversion 1990 von den Herren Kaplan & Norton im Rahmen einer Studie entwickelt und ist ein Kennzahlen-Cockpit, um die Zielerreichung der jeweiligen strategischen Schlüsselbereiche (nachfolgend «Dimensionen» oder «Entwicklungsbereich» genannt) messen und aufeinander abstimmen zu können. Sie operationalisiert die strategische Zielsetzung und macht diese mess- und steuerbar. Sie kann ebenso konzern- und unternehmensweit eingesetzt werden wie für einzelne funktionale Teilbereiche, z. B. die Logistik, das Marketing – oder eben den Vertrieb. Somit wird sie zu einem Hilfsinstrument der strategischen (Vertriebs-) Führung und hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die richtigen Investitionen zu tätigen, um z.B. den Vertrieb harmonisch, aber konsequent zu entwickeln.
Am Beispiel eines Telecom-Anbieters soll in vereinfachter Weise in fünf Schritten veranschaulicht werden, wie eine Balanced Scorecard als vertriebliches Kennzahlensystem erstellt und angewendet werden kann. Das Vorgehen ist angelehnt an Kühnapfel’s Balanced Scorecards im Vertrieb, 2019.
Schritt 1: Zielsystem definieren
Abgeleitet von der Vision des Unternehmens besteht eine Balanced Scorecard auf Ebene des Gesamtunternehmens mit den wichtigsten strategischen Zielen in den Dimensionen Finanzen, internen Prozesse & Tools, Lernen und Weiterentwickeln als Organisation sowie Kunden nach Geschäftsfeldern. Hier finden sich alle übergeordneten Ziele für die verschiedenen Unternehmensbereiche wieder, auch für das strategische Geschäftsfeld für nationale Geschäftskunden aus dem vorliegenden Beispiel. Alle Ziele und Massnahmen, die für den erwähnten Bereich definiert bzw. ausgeführt werden, müssen auf diese übergeordneten Ziele einzahlen und dürfen in keinem Widerspruch dazu stehen. Ein genauer initialer Abgleich und die Kontrolle der laufenden Massnahmen stellen die nötige Kongruenz und Verzahnung der einzelnen Ziele und Massnahmen unternehmensweit sicher. Bei der Definition der Kennzahlen für die Ziele in der Balanced Scorecard muss sichergestellt sein, dass diese das übergeordnete Zielsystem widerspiegeln, alle Ziele mit den relevanten Kennzahlen quantifizierbar sind und dass die Ziele durch den Vertreib auch tatsächlich beeinflussbar sowie nach der “SMART-Formel” formuliert sind.
Schritt 2: Entwicklungsbereiche festlegen
Abgeleitet von der Vertriebsstrategie und den längerfristigen Zielen der unternehmensweiten übergeordneten Balanced Scorecard werden für den nationalen Vertrieb die Dimensionen bzw. die Entwicklungsbereiche festgelegt. Dazu wird gemeinsam im Team zuerst das oberste Ziel der Geschäftseinheit in Form einer Vision definiert. Danach werden die wichtigsten Problemstellungen diskutiert und 4 unterschiedliche Dimensionen definiert: Kunden, Produkte, Vertriebsprozesse, Lernen & Entwickeln. Danach werden Fragestellungen entwickelt, die alle Bereiche abdecken.
Schritt 3: Ziele je Entwicklungsbereich festlegen
Je Entwicklungsbereich werden nun konkrete messbare Ziele definiert. Als Ziel wird kurz und prägnant ein Zustand beschrieben, der in der Zukunft erreicht werden soll. Dabei ist darauf zu achten, dass die definierten Ziele auch durch Kennzahlen überprüft werden können, vom Vertreib beeinflussbar sind und mit der Vertiebsstrategie in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Um neben dem Tagesgeschäft den Fokus auf die Erreichung der Ziele belassen zu können, ist die Devise hier so wenige Ziele wie nötig zu definieren, konkret 3-4 Ziele pro Dimension.
Schritt 4: Kennzahlen je Ziel festlegen
Nun werden pro definiertes Ziel die passenden Kennzahlen bestimmt, die den relevanten Output quantifizierbar messen. Anhand der Beispiele wird je Ziel die passende Kennzahl definiert, die zur Überprüfung des Erreichungsgrades herangezogen wird. Hier gilt es darauf zu achten, dass ein gesundes Mass an Messgenauigkeit, Übersichtlichkeit und Verfügbarkeit eingehalten wird.
Schritt 5: Zielvorgaben je Kennzahl und Massnahmen festlegen
Letztlich wird zu jeder Kennzahl ein Zielwert und Massnahmen festgelegt, durch welche das Ziel erreicht werden sollen. Der Zielwert muss eine quantitative Grösse wie etwa Stück, CHF oder ein Prozentwert sein. Ebenso muss der Zeitpunkt der Messung bzw. der Zeitraum für die Kennzahlenermittlung definiert werden. Die Massnahme ist eine konkrete Handlung, durch welche er definierte Wert und somit das bestimmte Ziel erreicht werden soll.
Hier exemplarisch eine vereinfachte Darstellung mit Fragen und je einem Ziel pro Dimension:
Fragestellungen zu den verschiedenen Dimensionen:
- Kunde: Was können wir tun, um unseren Marktanteil weiter auszubauen?
- Produkte: Mit welchem Mehrwert wollen wir unsere Kunden gewinnen?
- Vertriebsprozesse: Wie können wir bei gleicher Qualität unsere Verkaufszyklen verkürzen?
- Lernen & Entwickeln: Wie können wir noch agiler und kompetenter werden?
Dimension Kunde:
- Zielinhalt: Bestandskunden nutzen konvergentes Offer für Internet, Telefonie und Mobile (3P).
- Kennzahl: Anteil der Kunden mit 3P gemessen an allen Kunden
- Zielwert: 80%
- Zieldatum: 31.12.2021
- Massnahme: Durchführung Cross-Selling Kampagne bei Bestandskunden
Dimension Produkte:
- Zielinhalt: Unsere Lösungen sind innovativ und auf das Bedürfnis der Zielgruppe abgestimmt.
- Kennzahl: Anteil Produkte positivem Kundenfeedback gemessen an allen Produkten
- Zielwert: 90%
- Zieldatum: 31.12.2021
- Massnahme: Durchführung Befragung Kundenzufriedenheit zu allen Produkten
Dimension Vertriebsprozesse:
- Zielinhalt: Jeder Kunde bekommt nach Anfrage schnellstmöglich sein Angebot.
- Kennzahl: Anteil der Angebotsdauer unter einem Tag gemessen an allen Angeboten
- Zielwert: 80%
- Messung: quartalsweise und jährlich
- Massnahme: Erhöhung Automatisierungsgrad des Offerten-Tools
Dimension Lernen & Entwickeln:
- Zielinhalt: Wir halten unser Produktwissen stets aktuell.
- Kennzahl: von Vertriebsmitarbeitenden absolvieren Produktschulungen
- Zielwert: 100%
- Messung: quartalsweise und jährlich
- Massnahme: Erstellung Kursangebot mit online Schulungs-Plattform
Quellen:
- Bruhn, Manfred, Marketing, SpringerGabler, 2012
- Kühnapfel, Jörg B., Vertriebskennzahlen, SpringerGabler, 2019
- Kühnapfel, Jörg B., Balanced Scorecards im Vertrieb, SpringerGabler, 2019
- Meffert, Heribert, Marketing, SpringerGabler, 2019
- Pufahl, Mario, Vertriebscontrolling, SpringerGabler, 2017
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