Aktuell stehen viele Industrieunternehmen vor zahlreichen Herausforderungen: Lieferengpässe, steigende Rohstoffpreise, sich ändernde Kundenanforderungen sind nur ein paar Beispiele. Dabei gelingt es vielen Industrieunternehmen, sich erfolgreich zu behaupten und den Umsatz zu halten oder sogar zu steigern. Somit sieht der erste Blick in die Bilanz oft gut bis sehr gut aus. Ein Thema, das oft sich in Unternehmen versteckt und vergessen wird, ist die Vertriebseffizienz. Dabei geht es bei der Vertriebseffizienz darum, die bestehenden Ressourcen und Kompetenzen kontinuierlich besser einzusetzen und gerade den Gewinn – nicht den Umsatz! zu verbessern. Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, welches enormes Potential in diesem Bereich in ihrem Unternehmen schlummert. Aber wie lässt sich die Vertriebseffizienz für Industrieunternehmen steigern?
Ein zentraler Baustein ist der Kundenwert (siehe Blogbeitrag). Hat ein Unternehmen ein Kundenwertmodell – zu Beginn meist ein Deckungsbeitrags-, später ein Scoring- und noch später ein Customer Lifetime Modell – dann ist die Grundlage für die Verbesserung der Vertriebseffizienz für Industrieunternehmen gelegt. Dabei gilt es 4 Punkte zu berücksichtigen:
- Zur Steigerung der Vertriebseffizienz für Industrieunternehmen sollte möglichst frühzeitig zukünftiges Potential in die Kundenwertbetrachtung integriert werden. Deshalb sollte zwar mit einem Deckungsbeitragsmodell begonnen werden, dies aber nach spätestens 2-3 Jahren um ein Scoringmodell abgelöst werden.
- In vielen Veröffentlichungen zu Scoringmodellen wird der Umsatz und der Deckungsbeitrag als zwei eigenständige Bewertungsdimensionen für Kunden angeführt. Geht man von einer 20/80-Verteilung aus (20% der Kunden tragen 80% des Umsatzes) ist es nicht sinnvoll, den Umsatz in ein Scoringmodell zu integrieren. Das Argument der Produktionsanlagenauslastung ist bei einer 20/80-Verteilung irrelevant. Die Umsätze zwischen den einzelnen Clustern sind so gross, dass es keine zusätzliche Umsatzbetrachtung benötigt. Ganz grundsätzlich gilt es im Vertrieb stärker auf den Deckungsbeitrag zu achten.
- Das Kundenwertmodell liefert eine Clusterung des Kundenstamms. Für viele Industrieunternehmen macht dabei eine vierteilige Segmentierung in A/B/C/D-Kunden Sinn. Da ansonsten oft 80% der Kunden im C-Segment „zusammengepfercht“ sind.
- Aufbauend auf der Clusterung der Kunden besteht die zentrale Herausforderung der Steigerung der Vertriebseffizienz in der jährlichen Anpassung des Betreuungsplans der Kunden.
Vertrieb
Systematik eines Betreuungsplans zur Steigerung der Vertriebseffizienz für Vertriebsunternehmen
Wie ist ein Kundenbetreuungsplan aufgebaut? In einem ersten Schritt sind die unterschiedlichen Touchpoints bzw. Kontaktkanäle zu systematisieren. Die umfasst für Industrieunternehmen bspw.: persönliche Besuche AD, Telefon AD, Telefon ID, Email AD, Email ID, Email Automationssoftware (Marketing). An dieser Aufstellung wird schnell deutlich, dass die allgemeinen Touchpointsystematiken, die an vielen Orten veröffentlicht werden, für die Steigerung der Vertriebseffizienz zu kurz greifen. Im Vertrieb gilt es, die Touchpoints granularer nach ihren Kosten aufzuschlüsseln. Ruft der spezifische Aussendienstmitarbeiter an oder eine Person aus dem Innendienst? Dies hat auf ein Jahr betrachtet eine grosse Auswirkung auf das Zeitbudget der einzelnen Personen und somit auf die Kosten.
Systematik eines Betreuungsplans zur Steigerung der Vertriebseffizienz für Vertriebsunternehmen
Studien besagen, dass Aussendienstmitarbeiter zu 70% Verwaltungstätigkeiten ausführen und nur 30% ihrer Zeit für die Kunden aufwenden. Dieses Verhältnis gilt es ganz grundsätzlich zu verbessern und verdeutlicht das enorme Effizienzpotential in vielen Unternehmen.
Im Folgenden werden die ersten drei Schritte für die Entwicklung eines Betreuungsplans vorgestellt. Dieser muss für das jeweilige Industrieunternehmen weiter untergliedert und für Wiederkauf und Cross-Selling als zwei getrennte Aktivitäten ausgearbeitet werden. Als ein erster Schritt für die Entwicklung eines Betreuungsplans ist die Anzahl an persönlichen Besuchen und Telefonaten des Aussendienstes für A- und B-Kunden zu definieren. Dies ist für jedes Industrieunternehmen unterschiedlich. Grösses des Angebots (Cross-Selling!), Einkaufszyklen, Erklärungsbedürftigkeit des Angebots, Wettbewerbsintensität u.a. sind Dimensionen, die es zu berücksichtigen gilt. Im zweiten Schritt gilt es zu bestimmen, für welche Aktivitäten und wie oft der Innendienst mit den B- und C-Kunden telefonisch oder per Email in Kontakt tritt. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, vier Cluster für Industrieunternehmen zu nutzen. Ansonsten würden zu viele Kunden in das C-Segment fallen und dadurch die Übersichtlichkeit verloren gehen. Im dritten Schritt ist zu bestimmen, wie die Effizienz in der Betreuung gegenüber den D-Kunden verbessert werden kann. Hier bietet sich die Nutzung einer Marketingautomationssoftware an, da meist ein grosser Kundenstamm angesprochen werden muss, der, wenn individuell betreut, schnell hohe Kosten im Vertrieb verursacht.
Im Anschluss an die Ausarbeitung gilt es den Betreuungsplan mit den jeweiligen Mitarbeitern zu besprechen und dafür zu Sorgen, dass das vorhandene CRM-System (oder halt Excel bzw. Google Sheets) die jeweiligen Betreuungsaktivitäten auch abbildet. Solch eine Einführung im Vertrieb wird in vielen Unternehmen auf Widerstand treffen. Die Umsatzzahlen zeigen oftmals gar keine Notwendigkeit. Allgemein sind Steuerungsgrössen im Vertrieb nicht gerne gesehen und viele Mitarbeiter sind schon lange im Unternehmen und sind der tiefen Überzeugung, dass sie genau wissen, wie die jeweiligen Kunden optimal betreut werden sollten. Dabei gilt es ein grosses Missverständnis explizit aus dem Weg zu räumen. Vertriebseffizienz ist nicht gleich Vertriebseffektivität. Der hier vorgestellte Ansatz hilft nicht die Vertriebseffektivität zu verbessern. Welche Verkaufsargumente werden genutzt, welche Personen im Buying-Center bearbeitet, wie der Preis gesetzt, etc. sind Fragen der Vertriebseffektivität. Die Effizienz zielt auf die Optimierung der Ressource Zeit der Mitarbeiter ab und dadurch auf die Gewinnsteigerung.
Ist der Betreuungsplan ausgearbeitet und die Datendokumentation in einem IT-Tool gewährleistet, ist im Anschluss zu bestimmen, wie oft sich das Vertriebsteam über die Ergebnisse austauscht? Wichtig ist zu verstehen, dass dieser Ansatz nicht auf die reine Kontrolle und Bestrafung abzielt, sondern auf das gemeinsame Lernen des Vertriebsteams. So kann bspw. jedes Quartal überprüft werden, welche Auswirkung der Betreuungsplan auf das jeweilige Kundensegment, anhand der Abschlüsse und verlorenen Aufträge, hat. Zeigt sich, dass gerade bei den A- und B-Kunden eine effizientere Betreuungsform einen Einfluss auf die Gewinnwahrscheinlichkeit hat, gilt es andere Effizienzmassnahmen zu definieren, um das Ziel, der Effizienzsteigerung nicht mit einem Effektivitätsrückgang zu „erkaufen“.
Unser Einstiegsvideo zum Thema systematischer Vertrieb.
Vertriebseffizienz
Vertriebseffizienz für Industrieunternehmen im Bereich Kundenakquise
Während für die Kundenbetreuung in Industrieunternehmen zahlreiche Informationen vorliegen (könnten), sind die Informationen in der Kundenakquise nur sehr eingeschränkt vorhanden. Auch ist der Druck neue Kunden zu akquirieren sehr hoch. Es stellt sich ganz grundsätzlich die Frage, ob Vertriebseffizienz in der Kundenakquise überhaupt ein Thema sein sollte? Geht man die Kosten der einzelnen Vertriebstouchpoints durch, wird auch hier schnell ersichtlich, wie wichtig die Vertriebseffizienz in der Kundenakquise ist. Dabei kommt der Potentialeinschätzung durch die Mitarbeiter ein hoher Stellenwert zu. Somit wird statt dem Kundenwert eine Potentialeinschätzung vorgenommen und im Anschluss die gleiche Systematik der Kundenbetreuung für die Kundenakquise angewendet. D-Kunden sollten nicht über den „teuren“ Aussendienst akquiriert werden. Potentielle A- und B-Kunden gilt es auf der andere Seite auch zu gewinnen. Hier besteht die Herausforderung für Industrieunternehmen wann und durch wen die Potentialeinschätzung durchgeführt wird. Es empfiehlt sich ein Meeting alle zwei Wochen zu etablieren, um die potentiellen Kunden gemeinsam einzuordnen. Denn die Steigerung der Vertriebseffizienz für Industrieunternehmen ist eng verbunden mit dem Lernerfolg des Vertriebs eines Unternehmens.
Fazit zu Steigerung der Vertriebseffizienz für Industrieunternehmen
Trotz zahlreiche externer Einflussfaktoren auf den Vertrieb lohnt es sich für viele Industrieunternehmen das Thema Vertriebseffizienz aktuell auf die Agenda zu setzen. Im vorgestellten Beispiel wurde das Thema E-Commerce nicht angeführt, was die Möglichkeiten aber eben auch die Komplexität des Themas noch zusätzlich erhöhen kann. Der Kundenwert und die Potentialeinschätzung sind die zentralen Grundlagen für die Steigerung der Vertriebseffizienz. Diese Erkenntnis deckt sich mit der Erfolgsfaktorenforschung zu Sales Excellence (Link Seite), die den hohen Stellenwert dieser Informationen für die Vertriebserfolg bestätigt. Liegen die Informationen vor, ist einen Betreuungsplan auszuarbeiten, der gerade zu Beginn nicht optimal sein wird. Vertriebseffizienz ist eng verbunden mit dem Lernerfolg im Vertrieb. Deshalb gilt es den Betreuungsplan kontinuierlich (quartalsweise oder halbjährlich) zu optimieren und so die Effizienz systematisch zu steigern. Es ist davon auszugehen, dass eine Verbesserung der Vertriebseffizienz zwei Jahre benötigt, um seine volle Kraft zu entfalten. In unseren Beratungsprojekten und den Masterarbeiten unserer Studierenden konnte die hohe Wirkung der Steigerung der Vertriebseffizienz auf die Gewinnsteigerung des Unternehmens schon mehrfach bestätigt werden. Meist mit sehr überraschten Gesichtern der Verantwortlichen…
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