Mehr als die Hälfte aller deutscher Unternehmen wertet Kundenfeedback noch händisch aus. Die Kundenzufriedenheit messen, besitzt somit noch enormes Digitalisierungspotential.
Das Gros deutscher Unternehmen (75%) erhebt zwar systematisch Daten zur Zufriedenheit Ihrer Kunden; bei der Auswertung der erhobenen Daten nutzt allerdings mehr als die Hälfte der Unternehmen (53%) keine Software, sondern wertet die erhobenen Daten weiterhin per Hand aus. Diese Ausgangslage zeigt, dass die Verbesserung der Kundenorientierung oft erst in den Bereichen Customer Value-based Decision Making sowie Customer-centric Transformation ansetzen sollte. Es gilt die Digitalisierung zu nutzen, um die Daten effizienter zu gewinnen und anschliessend auszuwerten. Dies setzt eine Transformation der Organisation voraus.
Die Erhebung zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen (75%) derzeit eine Methode zur Kundenzufriedenheitsmessung nutzt – am häufigsten das Net Promoter System (54%), gefolgt von der klassischen Kundenzufriedenheitskennzahl (34%). Die Nutzung der Zufriedenheitsmessung ist dabei abhängig von Grösse und Alter des Unternehmens sowie vom Geschäftsmodell und der Branche. Unter den Unternehmen, die 50 Jahre oder älter sind, messen 82% die Kundenzufriedenheit, bei sehr großen Unternehmen (>50.000 Mitarbeiter) sind es sogar 96%. Je kleiner das Unternehmen, desto geringer ist dieser Anteil. Dieses Ergebnis überrascht immer wieder, da es gerade für kleinere Unternehmen grundsätzlich viel einfacher sein sollte, die Kundenzufriedenheit zu messen. Hinsichtlich der Geschäftsmodelle zeigt sich, dass vor allem endkundenorientierte Branchen (B2C, B2P) das Thema Kundenzufriedenheit systematisch angehen (85% bzw. 82%), wohingegen „Business-to-Business“-Unternehmen das Thema stärker vernachlässigen – hier messen nur 65% die Kundenzufriedenheit. Ein grosses Versäumnis, das sich spätestens beim Versuch Innovationen zu verkaufen meist bitterlich rächt.
Die Nutzung von Kundenzufriedenheitsmessung fällt innerhalb der Branchen sehr unterschiedlich aus: Fast alle Unternehmen in den Branchen Energie- und Wasserversorgung (100%, n = 8), Pharmabranche und Gesundheitswesen (89%, n = 9) führen eine Kundenzufriedenheitsmessung durch. Im Gegensatz dazu ist die Kundenzufriedenheitsmessung im (Online-)Handel (62%, n = 101) und der Medien- und Telekommunikationsbranche (56%, n = 36) weitaus weniger verbreitet. Dieses Ergebnis überrascht. Haben doch gerade die beiden letzteren Branchen deutlich einfachere Möglichkeiten die Kundenzufriedenheit zu messen.
Um detaillierte Informationen zu den Bestandteilen der Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden zu erhalten oder die Treiber der Zufriedenheit zu bestimmen, nutzen Unternehmen zusätzlich zur quantitativen Erhebung der Zufriedenheit (z. B. mit dem NPS-Score) häufig Folgefragen, um weitere Dimensionen der Zufriedenheit (z. B. Antwortgeschwindigkeit, Freundlichkeit, Qualität) beleuchten zu können. Von den hier befragten Unternehmen nutzen 66% Folgefragen zur Zufriedenheitsmessung. 20% der Unternehmen ergründen mittels weiterer Auswahlfragen (sog. „Multiple-Choice-Fragen“) die Zufriedenheit und deren Treiber, 46% bitten ihre Kundinnen und Kunden mittels eines offenen Textfeldes um nähere Informationen. Die Mehrheit der befragten Unternehmen greift hier noch auf eine händische Auswertung zurück (53%). Das heißt, dass die Unternehmen die einzelnen Aussagen lesen (lassen) und eventuell kategorisieren (zum Beispiel durch sogenannte Kodierer). Diese manuelle Textauswertung ist durchaus valide und erlaubt das Erfassen feinster sprachlicher Nuancen, ist aber sehr aufwendig und damit teuer. Hier stellt sich gerade für kleinere Unternehmen die Frage, wie diese Anforderung effizient und günstig umgesetzt werden könnte.
Auf die Frage hin wie die Informationen aus der Kundenzufriedenheitsmessung genutzt werden geben 64% der befragten Unternehmen an, ihre Produkte und Services zu verbessern. Auch allgemeine Ziele, wie die Stärkung der Kundenorientierung (54%) oder die Steuerung des Unternehmens (43%) spielen eine wichtige Rolle. Nur ein kleinerer Teil der Unternehmen nutzt die Zufriedenheitsmessung um bestimmte Kunden zu identifizieren – egal ob unzufrieden (34%) oder begeistert (24%). 8% der Unternehmen (d.h. fast 30 der 325 Befragten) verwerten die Ergebnisse der Zufriedenheitsmessung in keiner Weise.
Diese Ergebnisse überraschen nicht. Nicht der Kunden steht im Fokus sondern die Angebote und das Unternehmen. An diesem Beispiel lässt sich das grundsätzliche Missverständnis von vielen Menschen bezüglich des Begriffs Kundenorientierung darstellen. Zwar geben 54% der teilnehmenden Unternehmen an, die Daten für die Stärkung der Kundenorientierung nutzen zu wollen. Aber die Identifikation der Kunden bzw. die Segmentierung und anschliessende wertorientierte Bearbeitung bleibt auf der Strecke. Hier gilt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, was Kundenorientierung eigentlich ist. Viele Verantwortliche setzen leider Kundenorientierung immer noch mit Angebots- oder Erlebnisqualität gleich und nicht mit wertbasiertem Kundenbeziehungsmanagement. Insgesamt kann festgehalten werden, dass in vielen Unternehmen zwar jetzt Kennzahlen existieren aber deren Gewinnung sowie Nutzung noch massives Potential haben.