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KI in der Immobilienbranche

KI in der Immobilienbranche von Sascha Rieger.

 

Nicht erst seit ChatGPT beschäftigen sich immer mehr Unternehmen mit den Themen Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML). Während KI zum Sammeln und Erfassen von Informationen und Daten dient und diese verarbeitet, nutzt sie dabei die Fähigkeit zum Analysieren, Interpretieren, Lernen und automatisiertem Schlussfolgern. Mit Machine Learning können vorhandene Daten zur Erkennung von Mustern und Korrelationen verwendet werden, womit neues Wissen generiert und Algorithmen trainiert werden können. Es gilt zu verstehen, welches Potential KI in der Immobilienbranche hat.

Gemäß einer McKinsey Untersuchung aus Mai 2023 gewinnen die Einsatzmöglichkeiten von KI und ML auch in den Bereichen Vertrieb und Marketing immer mehr an Bedeutung. Eine weiterentwickelte Art von KI, die generative KI (genKI), bringt diese Möglichkeiten in hohem Tempo auf ein neues Level und verspricht dabei radikale Veränderungen für Kundenbeziehungen, Produktivität und Wachstum von B2B- und B2C-Unternehmen.

Der dieser Technologien hat bereits tiefgreifende Veränderungen in Marketing und Sales in Gang gesetzt. In unserem digitalen Zeitalter mit seinen zunehmend komplexen und teils rasanten Entwicklungen werden solche Schlüsseltechnologien immer mehr zur Notwendigkeit. Nach Schätzungen könnten bereits 20 Prozent aller Prozesse in Vertriebsteams automatisiert werden.

Diese Transformation verändert auch den Geschäftsalltag für Unternehmen sowie die Art und Weise, wie sie mit ihren Kunden interagieren und stellt Führungskräfte vor die Aufgabe, Strategien für diese neuen Rahmenbedingungen zu entwickeln. Wichtig ist dabei zum einen die Betrachtung sowohl der Chancen als auch der Risiken dieser Transformation. Zum anderen müssen mögliche Wege für den erfolgreichen Umgang mit genKI im Marketing und Sales-Bereich erarbeitet werden.

KI und insbesondere genKI haben dabei ein hohes Potential, Customer Experience, Wachstum und Produktivität von Unternehmen maßgeblich zu beeinflussen. So lässt sich mittels genKI schon heute die Kundenerfahrung personalisieren, basierend u. a. auf individuellem Verhalten, Persönlichkeit und Kaufhistorie. Durch genKI-gestützte effektive Datenanalyse und Kundeneinblicke lässt sich die Nachfrage besser erfassen und damit die Wachstumsförderung optimieren. Zur Steigerung der Produktivität können mit Hilfe von KI repetitive Vertriebsaktivitäten automatisiert werden, um so Kapazitäten für wertschöpfendere Kundeninteraktionen freizusetzen und zugleich Kosten zu senken. Deshalb gilt es genau zu verstehen, welches Potential KI In der Immobilienbranche hat.

Quelle: McKinsey Report „AI-powered marketing and sales reach new heights with generative AI“ von Richelle Deveau, Sonia Joseph Griffin und Steve Reis, Mai 2023

Ein besonders anschauliches Beispiel für den Einsatz von genKI ist die dynamische Zielgruppensegmentierung und -ansprache. Mit genKI lassen sich große Datenmengen analysieren und so neue Kundencluster identifizieren. Für diese lassen sich dann wiederum personalisierte Inhalte erstellen, was eine zeiteffiziente und skalierbare Anpassung der Vertriebs- und Marketingstrategien ermöglicht. Für den erfolgreichen Einsatz von genKI sind dabei die Qualität und der Umfang der analysierten Datensätze von immenser Wichtigkeit. Nur mit hochwertigen Daten lassen sich Modelle so trainieren, dass sie relevante Segmente und entsprechende Inhalte generieren können.

Der Einsatz von genKI ist entlang der gesamten Customer Journey denkbar. Ein Beispiel ist die Nutzung fortgeschrittener Algorithmen für die Lead-Identifizierung und -segmentierung über die Automatisierung von Kampagnen bis hin zur personalisierten Kommunikation während des Verkaufsprozesses und der Verhandlungsführung.

Auch Unternehmensspitzen erkennen zunehmend die Vorteile von genKI, wobei die Anwendungsfälle im frühen Teil der Customer Journey – insbesondere Lead-Identifizierung, Marketingoptimierung und personalisierte Ansprache – als besonders aussichtsreich gelten. Die Recherche von McKinsey zeigt, dass 90% der Führungskräfte planen, genKI-Lösungen innerhalb der nächsten zwei Jahre zu nutzen.

Dieser Optimismus ist durchaus begründet, da Unternehmen, die in KI investieren, einen Umsatzanstieg von 3 bis 15 Prozent und einen Return on Sales (ROS) von 10 bis 20 Prozent verzeichnen. Dennoch gehen mit dem Einsatz von KI auch Risiken einher, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit. Daher ist es wichtig, auch entsprechende Strategien zur Risikominderung sowie passende Governance-Strukturen einzurichten.

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Event

Laut McKinsey gibt es sechs „No-Regret“-Strategien für Unternehmen, die das Marketing und den Vertrieb KI-basiert transformieren möchten:

1. Durchführung eines genKI-Audits der kommerziellen Aktivitäten

Bewertung der technischen Infrastruktur und Fähigkeiten im Marketing- und Vertriebsbereich und Prüfen von verfügbaren Open-Source oder kostengünstigen Technologieanbietern, die dabei helfen können KI für allgemeine Anwendungsfälle zu implementieren. 

2. Bildung einer genKI-Taskforce

Teambildung aus z. B. Marketing, Vertrieb, Pricing und IT um KI-Möglichkeiten und deren Anwendung im Geschäftsalltag zu untersuchen

3. Identifizierung von „low-hanging-fruits“ in der Customer Journey

Eruieren von wirkungsvollen und kostengünstigen Anwendungsfällen (z. B. E-mail-Automation) und Festlegen von Grenzen, um das Risiko zu minimieren.

4. Start von KI-Experimenten

Beginn mit zwei bis drei Anwendungsfällen im Verkaufsprozess, Beobachtung der Ergebnisse und Verfeinerung für eine weitere Implementierung.

5. Schulung des Vertriebsteams in gen KI-Grundlagen

Anbieten von z. B. Workshops zu den Grundlagen von KI, um dem Team Grundlagen zu vermitteln, die das Interesse, Gefühl und Selbstvertrauen für Experimente steigern.

6. Einrichtung von gen KI-Richtlinien für das Vertriebsteam

Sensibler Umgang mit Kundendaten in den KI-Tools und Einrichten von Kontrollmechanismen.

Führende Unternehmen haben bereits begonnen, genKI zu nutzen, um ihr Geschäft zu optimieren und von den Fortschritten in der Personalisierung und der internen Vertriebseffizienz zu profitieren. Langfristig sollten mehr Unternehmen strategisch planen, wie sie in eine KI-basierte Vermarktung investieren können: Wie lassen sich Anwendungsfälle identifizieren, welche die Marktposition differenzieren können? Wie lassen sich diese Fälle basierend auf ihrer Wirkung und Realisierbarkeit priorisieren?

Podcast SalesX & Innovation

SalesX und Innovation ist der Podcast zu den neusten Entwicklungen im Vertrieb und Innovationsmanagement. Jörg und Patrick stellen Modelle, Ansätze und Erfahrungen aus der Praxis vor und beleuchten aktuelle Fragestellungen aus der Vertriebs- und Innovationsperspektive. SalesX und Innovation ist der wöchentliche Gedankenaustausch zweier Menschen, die sich persönlich zugetan, aber nicht immer einer Meinung sind. Immer Freitags, überall wo es Podcasts gibt.
Podcast

KI in der Immobilienbranche im Vermittlungsprozess.

Der folgende Absatz betrachtet die Einsatzmöglichkeiten, Chancen und Risiken für Vertriebs- und Vermietungsprozesse im Immobilienbereich am Beispiel der projekto GmbH. Dabei wird der Begriff „KI“ zusammenfassend für KI, genKI und ML verwendet.

Die projekto GmbH unterstützt Großinvestoren und Immobilienverwaltungsunternehmen deutschlandweit mit der Vermarktung/ Vermietung von Wohn- und Geschäftsimmobilien. Anders als die meisten anderen Standard-Makler-Unternehmen begleitet die projekto GmbH ihre Auftraggeber von der Ankaufsphase über die Bauphase, Vermarktungsplanung und -strategie, Vermarktung und After-Sales bis hin zur Extra-Meile.

Die Entscheidung großer Immobilienprojektentwickler, externe Maklerunternehmen für die Vermarktung/ Vermietung ihrer Projekte zu beauftragen, ist durch verschiedenste strategische und operative Überlegungen motiviert. Dies können Expertise, Netzwerk, Verkaufs- und Verhandlungstalent sein, aber auch Ressourceneffizienz, Leistungsbasierte Bezahlung, Objektivität und Flexibilität sowie Skalierbarkeit. Das externe Vertriebsunternehmen kann außerdem von Verwaltungsaufgaben entlasten, Compliance- und rechtliche Expertise sowie Marke und Image bieten.

Mit schlanken Strukturen, klar definierten Prozessen, maximalem Einsatz digitaler Vertriebssysteme und Leidenschaft vermietet die projekto GmbH durchschnittlich 3.000 Einheiten im Jahr. Auf das Thema Digitalisierung – hier speziell auf KI-Unterstützung in der Makler-Kunden-Kommunikation – wird wie folgt eingegangen.

Praktische Anwendungsmöglichkeiten, Potentiale & Risiken

Speziell das E-Mail-Aufkommen im Umgang mit Kunden/ Mietern stellt eine immense zeitliche Herausforderung dar. In Ballungsgebieten wie z. B. Berlin kann es schnell passieren, dass Anbieter innerhalb von Stunden tausende Anfragen erhalten. Auch wenn hier bereits mit einem KI-gestützten System gearbeitet wird und somit Anfragen und Terminierungen vergleichsweise hochqualifiziert bearbeitet werden, so ist auch nach der persönlichen Besichtigung durch den Interessenten ein (gefühlt) persönlicher Kontakt wichtig. Auch hierbei sind effiziente Prozesse eminent, um die erforderlichen Schritte in der kürzestmöglichen Zeit zu durchlaufen.

Während KI nicht alle Aufgaben vollständig übernehmen kann, kann sie in Immobilienunternehmen bereits erfolgreich zur Automatisierung in der Kundenkommunikation eingesetzt werden, z. B. durch:

1. KI-basierte Immobilienportale

Durch die Integration von KI in Immobilienportale ist eine automatische Vorsortierung und Filterung von Anfragen möglich. Mithilfe von KI-Algorithmen werden die Anfragen analysiert und anhand festgelegter Kriterien (z. B. Budget, Größe, Lage) relevante Anfragen identifiziert. Somit kann sich auf die vielversprechendsten Anfragen konzentriert und weniger Zeit mit irrelevanten E-Mails verbracht werden.

2. Chatbots zur Erstinformation

KI-basierte Chatbots unterstützen Interessenten bei allgemeinen Anfragen und Informationen. Der Chatbot kann grundlegende Fragen zu Mietobjekten, Preisen oder Verfügbarkeit beantworten und somit den Informationsaustausch abdecken, der normalerweise per E-Mail erfolgen würde. Mitarbeiter können sich dadurch auf komplexere Anfragen konzentrieren, da sie von der Notwendigkeit entlastet werden, auf wiederkehrende Fragen zu antworten.

3. Automatisierte Terminvereinbarung

KI kann helfen, Zeitplanungsaufgaben zu automatisieren. Durch die Integration ‚intelligenter‘ Kalender können Interessentenanfragen automatisch geprüft, bewertet und Termine für Besichtigungen oder Beratungsgespräche vereinbart werden. Dies reduziert die Anzahl der manuell zu verarbeitenden E-Mails und hilft, den Überblick über Termine zu behalten.

4. Automatisierte Bearbeitung von Standardanfragen per E-mail

Mittels KI-Unterstützung lassen sich Standard- oder häufig gestellte Fragen intelligent kategorisieren, priorisieren und automatisch beantworten. Durch die Analyse des Inhalts, der Absender und anderer definierter Faktoren kann KI relevante Muster erkennen, die E-mails automatisch nach ihrer Wichtigkeit einstufen, sie an die zuständigen Mitarbeiter weiterleiten oder direkt vordefinierte Antworten generieren. Auch dies reduziert die Menge der zu bearbeitenden E-Mails und schafft Freiraum für die Bearbeitung komplexerer Anliegen.

5. KI-gestützte Videos

Bei einer stückzahlgetriebenen Dienstleistung ist es wichtig den Kunden „an die Hand zu nehmen“ und ohne Störungen durch den Prozess zu führen. Dabei können KI-gestützte Videos helfen. In diesen Videos sprechen digitalisierte Avatare und geben mündlich eine Anleitung was in welchem Prozess für den Kunden zu tun ist – z. B. Übersendung von Bonitätsunterlagen. Der Kunde kann in diesen Videos sogar seine bevorzugte Landessprache wählen und somit werden Störungen und Missverständnisse im Prozess von Anfang an vermieden. Durch die KI können geänderte Abläufe innerhalb kürzester Zeit implementiert und umgesetzt werden.

6. Effektive Datenverwaltung

KI kann bei der Verwaltung von Kundendaten und Dokumenten helfen. Durch intelligente Datenbanken und OCR-Technologie (optische Zeichenerkennung) kann KI Informationen aus Dokumenten extrahieren und automatisch mit den relevanten Kundendaten verknüpfen. Dies erleichtert die Suche nach Informationen und verringert die Notwendigkeit, E-Mails zu lesen und zu beantworten, die sich auf bereits bekannte Details beziehen.

Innovative Anbieter wie z. B. die Squirro AG in Zürich bieten bereits eine Vielzahl geeigneter Tools und Lösungen, welche individuell auf den jeweiligen Anwendungsfall angepasst werden können.

Zusammenfassend wird mit der Einbindung von KI in Unternehmensprozesse nicht nur eine neue Technologie implementiert, vielmehr treffen Unternehmen damit auch bewusst Entscheidungen über ihre strategische (Neu)Ausrichtung in der digitalen Transformation. Beachtung sollten dabei unbedingt auch die Risiken finden. Diese können u. a. technologischer, rechtlicher oder ethischer Natur sein.

So sind auf technologischer Seite z. B. Themen wie eine geeignete IT-Infrastruktur und -architektur, abgesicherte Rechensysteme sowie eine hohe Datenkonsistenz und -qualität erfolgsentscheidend. Ebenso spielt hier aber auch die Mitarbeiterbefähigung zum Umgang mit der KI eine bedeutende Rolle.

Aus rechtlicher Sicht müssen u. a. geeignete Maßnahmen zur Transparenz und Kontrolle im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit getroffen und eingehalten werden. Insbesondere sind dabei die gesetzlichen Regularien wie z. B. die DSGVO oder der neu beschlossene EU AI Act zu beachten.

Ethische Herausforderungen finden sich u. a. in der Transformation von Arbeitsplätzen durch den Einsatz von KI. Auch sollten Kontrollmechanismen für KI-basierte Entscheidungen umgesetzt werden, um zu verhindern, dass automatisierte Entscheidungen durch fehlende menschliche Intuition und Erfahrung z. B. diskriminierende Auswirkungen haben oder zu Vertrauensverlust beim Kunden führen.

Die KI-Technologien entwickeln sich rasant und es bleibt spannend, wie das die Branche um Marketing und Vertrieb weiterhin beeinflussen wird. Mit Sicherheit wird sich über die heute für uns sichtbaren Anwendungsfälle hinaus eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten erschließen.