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Rollenveränderungen im Verkauf

Rollenveränderungen im Verkauf von Bruno Kühne.

Der Wandel im Ausserhaus-Markt wird schneller. Die immer ähnlicher werdenden Produkte und Marken, besser informierte Kundschaft und das Bedürfnis nach Individualität in der Gastronomie stellen Verkäuferinnen und Verkäufer täglich vor komplexe Herausforderungen. Es kommt unweigerlich zu Rollenveränderungen im Verkauf.

Aus Sicht der Unternehmung sind die Erwartungen an den B2B-Aussendienst dementsprechend gestiegen: Effektivität, Effizienz und die Digitalisierung der Vertriebskanäle und Prozesse sind Bestandteile des Veränderungsdrucks.

‹Wie schaffen B2B-Verkäuferinnen und -Verkäufer auch zukünftig Mehrwert für Kundinnen und Kunden und das eigene Unternehmen?› Im Frühjahr 2021 haben sich 41 Expertinnen und Experten aus Schweizer B2B-Vertriebsorganisationen mit dieser Grundsatzfrage in einem Forschungskonsortium zusammengeschlossen. Die wichtigsten Erkenntnisse der durchgeführten Delphi-Befragung (Panel) wurden von Thoma im Marketing Review St. Gallen (Ausgabe 3/2022) publiziert.

Im Zentrum dieser Studie stehen zum einen der Gedanke der Steigerung der gegenseitigen Wertschöpfung und zum anderen die Frage, wie sich der Aussendienst zukünftig aufstellen soll. Die nachfolgenden Hypothesen basieren auf der Quelle des Forschungskonsortiums und fokussieren sich auf die Rollenveränderungen im Verkauf.

Die vier CAS des MAS Sales Excellence

FACHKOMPETENZ

Bisher fokussierte sich der Aussendienst auf das latente, aktuell vorhandene Kundenbedürfnis. Er klärte dieses ab, erfasste die Bedürfnisse für die weitere Verarbeitung und konnte so sein Fach- und Produktwissen aktiv einbringen. Im neuen Rollenverständnis wandelt sich gemäss den Expertinnen und Experten dieser Grundauftrag dahin, dass der Aussendienst nicht nur heutige, sondern auch zukünftige Kundenerfolge erkennen muss. Diese Identifikation neuer Wertschöpfungs-Opportunitäten – Value-Creation Management – und deren Übersetzung in Handelsmassnahmen bedingt ein fundiertes Kunden- und Marktwissen mit betriebswirtschaftlichem Know-how. Dies wird zu Rollenveränderungen im Verkauf führen. 

METHODENKOMPETENZ

Wo aktuell die Fragetechnik und die Einwandbehandlung im Dialog mit der Kundschaft stehen, wird gemäss dieser Studie künftig die Analysefähigkeit, die Entscheidungstechnik und die automatisierte Kommunikation im Aussendienst an Bedeutung gewinnen. Die Veränderung geht nicht mehr vom Share-of-Wallet beim Kunden aus, sondern vom Share-of-Mind und dem Entwickeln einer kundenspezifischen Value-Proposition.

SOZIALKOMPETENZ

Der aktuelle Fokus, den Kunden bis zum Verkaufsabschluss zu begleiten, wird gemäss den Expertinnen und Experten in der Zukunft mehr auf das fokussierte Begleiten der eigentlichen Value-Creation übergehen. Das aktive Zuhören und das Einfühlungsvermögen wird weiterhin ein wichtiges Merkmal erfolgreicher Verkäuferinnen und Verkäufer bleiben. Jedoch wird das Coaching, das Motivieren und das Führen ohne formale Autorität gegenüber dem Kunden an Stellenwert gewinnen.

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SELBSTKOMPETENZ

In der künftigen Rolle des Aussendienstes wird der umfassenden Betrachtung aus Stakeholder-Sicht – ‹Was habe ich davon?› – mehr Gewicht zugewiesen. Zum Beispiel wird die Umsetzung rückblickender Quartalsgespräche einem proaktiven, wenn möglich automatisierten, Value-Reporting weichen. In der bisherigen Rolle hat bei B2B-Verkäuferinnen und -Verkäufern gemäss der Studie das Selbstbewusstsein sowie ein gewisses Mass an Egoismus vorgeherrscht. In der Zukunft werden die Selbstreflexion, das Personal Branding und auch die Lern- und Veränderungsfähigkeit gemäss dieser Studie zunehmen, was ein weiterer Einflussfaktor auf Rollenveränderungen im Verkauf sein wird. 

Kritische Stimmen aus dem Expertengremium bringen die Thematik ein, dass diese Veränderungen zu einer potenziellen Überforderung der Verkäuferinnen und Verkäufer führen.

Die Anwendung auf den Ausserhaus-Markt setzt Aktivitäten voraus, welche sich von bisherigen, klassischen Verkaufstätigkeiten unterscheiden. Vor allem werden andere Fähigkeiten sowie die Befähigung für die Verkäuferinnen und -Verkäufer gefordert. Bei dieser Transformation sind Chefs im gleichen Masse gefordert wie die Mitarbeiter im Aussendienst.

Bezüglich des künftigen Kundenerfolgs ist eine Hypothese, dass sich B2B-Verkäuferinnen und -Verkäufer auf drei oder mehr, statt nur auf eine, für den Kunden relevante Value-Dimension fokussieren sollen. So muss der Aussendienst ein tiefreichendes Verständnis für den Betrieb des Kunden entwickeln. Laut einer Umfrage von Gastro Suisse (Gastro Suisse, 2020 S. 4) sind folgende drei Kriterien den Schweizer Gästen in Restaurants am wichtigsten: Qualität der Verpflegung, Preis-/Leistungsverhältnis und Gastfreundschaft. Als Beispiel kann sich die Mitarbeiterin und der Mitarbeiter im Aussendienst mit dem Kunden darüber austauschen, wie sich neben Umsatzsteigerung und Kostenreduktion des Betriebes auch die Gäste- und Mitarbeiterzufriedenheit steigern lässt. Das entsprechende Kunden- und Marktwissen eignet sich die Mitarbeiterin über Fachliteratur an, welche durch den Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Der Markt verlangt eine kundenindividuelle Kundenbetreuung. Der ‹One-Size-fits-all›-Ansatz verliert an Durchsetzungskraft. Für einen nachhaltigen Erfolg muss der Lieferant in der Gastronomiebranche in der Lage sein, Kommunikation und Inhalte für den Kunden zu personalisieren (Gizycki & Elias, 2018, S. 243). Das enge Zusammenspiel der hybriden Kommunikation zwischen Marketing (Automation) und Verkauf gegenüber dem Kunden ist unabdingbar. Beispiel Newsletter: Ein auf ein spezifisches Gastronomiesegment (z.B. Gastronomie im Bereich Freizeit & Sport) zugeschnittener, personalisierter Newsletter mit Direktbezug zur jeweiligen Aussendienstmitarbeiterin bzw. zum jeweiligen Aussendienstmitarbeiter hat eine höhere Erfolgschance als monatliche ‹Giesskannen-Newsletter›, welche an alle Kunden versendet werden. Ebenfalls ist für die erfolgreiche Transformation der Rolle des Aussendienstes relevant, dass Vorgesetzte gezielt in das ‹Sammeln› von Kundenerkenntnissen und in entsprechende Analysefähigkeiten der Mitarbeiter investieren. Eine entsprechend gut eingeführte und vorgelebte CRM-Anwendung unterstützt den Aussendienst in diesem Punkt.

Bezüglich der Rollenveränderung im Bereich der Sozialkompetenz besteht der Ansatz, dass B2B-Verkäuferinnen und -Verkäufer gleich stark die Prioritäten auf unternehmerische als auch auf persönliche Value-Dimensionen legen. Im Umfeld der Gastronomiebranche hat diese Auffassung den Vorteil, dass Stakeholder direkt mit der Kernfrage ‹Was habe ich davon?› gewonnen werden können. Künftig müssen sich Aussendienstmitarbeiterinnen und Aussendienstmitarbeiter mehr als Coach statt als ‹Produktanbieter› gegenüber dem Kunden positionieren. Diese Ausrichtung wird dahingehend gelebt werden, dass der Aussendienst durch sein Coaching hilft, die Ziele des Stakeholders rascher, besser und nachhaltiger zu erreichen.

Erfahrungsgemäss betreuen Aussendienstmitarbeiterinnen und Aussendienstmitarbeiter lieber die Kunden, zu denen ein positives Verhältnis besteht. Kunden, welche bei einem Berührungspunkt negative Emotionen auslösen, werden gemieden und das Potential bleibt unausgeschöpft. Das Aussendienst-Team ist regelmässig zu motivieren, dieses Verhaltensmuster in der Selbstreflexion zu hinterfragen. Spezifisch die Lern- und Veränderungsfähigkeit gilt es bei B2B-Verkäuferinnen und -Verkäufern aktiv zu fördern. Dies kann mit externen Coaches, internen Workshops oder über interne Angebotsgestaltung realisiert werden. Gemäss einer Kooperationsstudie der Firmen StepStone und Kienbaum (März 2021) bei 3’000 Fach- und Führungskräften in Deutschland erwarten 51 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus kleinen und mittleren Unternehmen mehr Lernmöglichkeiten vom Arbeitgeber (S. 51, Abb. 32).

Eine Hypothese beschäftigt sich mit der regelmässigen Dokumentation von geschaffenem Mehrwert gegenüber dem Kunden. Dabei steht im Zentrum, dem Kunden ein proaktives, optimalerweise automatisiertes, Reporting zur Verfügung zu stellen. Dieses bietet den Vorteil, dass gemeinsam Erreichte positiv zu gewichten und zeigt Chancen für Up- und Cross-Selling auf. Ein proaktives Reporting liefert Kundenerkenntnisse und stellt bei Bedarf eine Grundlage für korrektives Eingreifen und Verbesserungsvorschläge gegenüber dem Kunden dar. In der Gastronomiebranche ist wegen der vielschichtigen Lieferwege eine aussagekräftige Reporting-Struktur aufwendig. Im Zuge der Digitalisierung nimmt die Transparenz jedoch stetig zu und der Fokus auf das Value-Creation Management wird eine hohe Priorität in der Vertriebsstrategie einnehmen.

Die Mehrheit der Aussendienstmitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in der Gastronomiebranche arbeitet nicht mehr mit dem physischen Bestellblock. Jedoch stellt die Transformation vom ‹alten› Rollenbild Verkaufen zu Beraten viele Organisationen vor grosse Herausforderungen. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung im Umfeld der Gastronomie ist der informelle Austausch auf der Beziehungsebene zwischen Kunde und Verkäuferinnen bzw. Verkäufern entscheidend. Die Erwartungshaltung, dass sich in der B2B-Beziehung im Ausserhaus-Markt Kunde und Verkäufer ‹auf Augenhöhe› begegnen, ist in der Praxis aus Sicht des Lieferanten mehrheitlich nicht gegeben. Entsprechend zentral ist, dass der Aussendienst künftig für die Kundschaft und das eigene Unternehmen mehr substanziellen Mehrwert generiert.

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